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Aus dem GERICHTSSAAL: E-Mail falsch adressiert Kinderpornografie

landete beim Arbeitgeber

Stand:

Im Jahr 1996 wurde Dietmar D. (42, Name geändert ) vom Landgericht Berlin wegen Verbreitens von kinderpornografischen Schriften in zehn Fällen sowie sexuellen Missbrauchs von Kindern zu vier Jahren Haft verurteilt. 1998 kam der gelernte Programmierer in den offenen Vollzug. Am Tage ging er seiner Tätigkeit in einer Potsdamer Computerfirma nach, nachts schlief er in seiner Zelle. Bald wurde Dietmar D. rückfällig, tauschte während seiner Arbeitszeit im Internet mit Gleichgesinnten erneut Fotos von Knaben in eindeutigen Posen aus. Die Sache flog auf, als im Sommer 1998 eine versehentlich falsch adressierte E-Mail beim Systemadministrator des Betriebes landete. Ab sofort öffneten sich die Türen des Gefängnisses nun tagsüber nicht mehr für den gebürtigen Hamburger. Er saß seine Strafe bis zum bitteren Ende ab, arbeitete kurzzeitig erneut in seinem Beruf. Danach verschwand er nach Thailand.

Die Staatsanwaltschaft Potsdam vermutete, er habe sich der erneuten Strafverfolgung durch Flucht entziehen wollen. Sie erließ Haftbefehl gegen Dietmar D. Gestern musste er sich vor dem Schöffengericht wegen Verbreitens von Kinderpornografie verantworten. „Ich habe in Thailand als Journalist und Dolmetscher für einen Zeitungsverlag gearbeitet“, erzählte der etwas farblos wirkende Mann. „Mein Leben war geordnet.“ Jetzt holte ihn die Vergangenheit allerdings noch einmal ein. Damals – als Freigänger – sei er sexuell ausgehungert gewesen, schilderte der Angeklagte. Um sich nicht wieder an kleinen Jungs zu vergreifen, habe er lieber deren Bilder angeschaut, sie auch Interessierten zugänglich gemacht. „Ich habe nun mal diese Veranlagung.“

Von den ehemals elf angeklagten Taten sind inzwischen sieben verjährt. Sie wurden eingestellt. Vor Verhandlungsbeginn sicherten Staatsanwaltschaft und Gericht Dietmar D. eine Freiheitsstrafe von unter einem Jahr auf Bewährung zu, falls er sich geständig zeige. „Es stimmt alles so, wie es der Staatsanwalt aufgelistet hat“, führte der Angeklagte aus, ersparte dem Gericht damit eine umfangreiche Beweisaufnahme. Dann wollte er noch etwas loswerden. „Ich habe 20 Monate JVA Tegel im wahrsten Sinne des Wortes überlebt, nachdem ich wieder im geschlossenen Vollzug war. Mehrmals wurde ich von Mitgefangenen zusammengeschlagen. Es war furchtbar.“ Der Staatsanwalt plädierte auf eine Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung. Zudem habe sich Dietmar D. einer fachärztlichen Heilbehandlung zu unterziehen. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Dr. Birgit von Bülow folgte diesem Antrag, legte die Bewährungszeit auf drei Jahre fest. Obwohl der Haftbefehl des Amtsgerichts Potsdam aufgehoben wurde, verließ der Mann den Verhandlungssaal dennoch nicht auf freiem Fuß. Gegen ihn ist noch ein Haftbefehl aus Berlin in Vollzug. Ihn erwartet ein weiteres Verfahren.

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