Etwas HELLA: Ehe der Teufel zuschlägt
Sie wissen, warum der Teufel seine Großmutter erschlagen hat? Richtig, weil sie keine Ausrede mehr wusste.
Stand:
Sie wissen, warum der Teufel seine Großmutter erschlagen hat? Richtig, weil sie keine Ausrede mehr wusste. So etwas kann der Stadtverwaltung natürlich nicht passieren, die bietet dem Teufel keine Ansatzpunkte. Selbst wenn sich die Lösung eines Problems über Jahre hinzieht, um die Begründung, warum das so ist, war sie noch nie verlegen. Aber bösen Stänkerern mal so richtig eins überbraten, das kann sie dafür perfekt. 40 Angebote für einen neuen Standort hat die Verwaltung der Potsdamer Tafel, die Bedürftige auch am Schlaatz kostenlos mit Lebensmitteln versorgt, gemacht und die hat immer abgelehnt. Ja, was wollen die denn eigentlich? Ein Schloss, an dem als Aufschrift auch noch Sanssouci prangt, dafür aber mit modernster Ausstattung? Nein, habe ich mir sagen lassen, das wollen die ehrenamtlichen Streiter für eine gute und überaus soziale Sache nicht. Sie brauchen für ihre zentrale Ausgabestelle zwar rund 400 Quadratmeter Fläche, auch Kühlmöglichkeiten, aber edel muss da nichts sein. Drei Tafel-Ausgabestellen gibt beziehungsweise gab es in Potsdam und da zwei von ihnen in kirchlichen Räumen in der Schopenhauer Straße und am Kirchsteigfeld recht gut funktionieren, die Ausgabestelle am Schlaatz aber aus Platzgründen ganz und gar nicht, sucht die Tafel diese Räume – man wird es nicht für möglich halten – am Schlaatz. Und so gab es für diesen Kiez denn auch Angebote noch und nöcher. Zum Beispiel solche, die sich von selbst in Luft auflösten, oder Immobilien mit derart ungünstiger Lage, dass sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar waren, auch unbebaute Grundstücke waren darunter oder solche, die lagen überhaupt nicht am Schlaatz. Nur ein ausgesprochen störrischer Verein konnte da immer wieder ablehnen. Damit hat er sich natürlich selbst disqualifiziert und man braucht sich nicht zu wundern, dass die Stadt das Problem nicht weiterverfolgt hat. Dass die Zustände in der Ausgabestelle im Bürgerhaus am Schlaatz immer komplizierter wurden, weil dort der Bedarf vehement zugenommen hat, ist natürlich auch nicht bis zur Stadtverwaltung und bis zum kommunalen Großvermieter Pro Potsdam gedrungen, denn Hunger kann zwar weh tun, Trägheit tut es gewiss nicht. Sie schont im Gegenteil die Nerven und die liegen – das wollen wir gar nicht in Abrede stellen – auch in der Stadtverwaltung durchaus manchmal blank. Für die Lösung des Problems sehe ich jetzt nur noch eine Variante. Tafelfreundliche Potsdamer werden einen neuen Verein gründen müssen und der gibt dann nicht etwa Essen aus, sondern sucht mit unnachahmlicher Penetranz passende Räume dafür. Da müsste es doch mit dem Teufel und seiner vorerst noch nicht erschlagenen Großmutter zugehen, wenn sich nicht auch am Schlaatz eine Lösung finden ließe.
An dieser Stelle schreibt alle zwei Wochen Hella Dittfeld über Dinge, die sie erfreuten oder ärgerten und hofft, dass dadurch Potsdam etwas heller wird.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: