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Sport: Ehrgeiziger Zwilling

Kerstin El-Qalqili weiß noch nicht, in welchem Boot sie in Athen rudern wird

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Kerstin El-Qalqili weiß noch nicht, in welchem Boot sie in Athen rudern wird Von Michael Meyer Sie lächelt gern und lacht viel. Kerstin El-Qalqili ist Frohsinn, Aufgeschlossenheit und Freundlichkeit pur. Denkt der Blondschopf der Potsdamer Ruder-Gesellschaft an die bevorstehenden Olympischen Spiele in Athen – wohin sich Deutschlands Spitzen-Skullerinnen heute am Potsdamer Seekrug von ihren Sponsoren, Gönnern und Wegbegleitern offiziell und feierlich verabschieden –, weiß er aber derzeit nicht genau, ob er strahlen oder die Stirn in Kummerfalten legen soll. Für die Olympia-Rennen in Schinias gilt die bei aller Lebensfreude ausgesprochen ehrgeizige Kerstin El-Qalqili als gesetzt. Doch auf welchem Boots-Rollsitz die 28-Jährige im August sitzen wird, weiß sie noch nicht. Im bisherigen Saisonverlauf bereitete sie sich eher auf den Doppelzweier vor, wobei sie die internationalen Rennen mit drei verschiedenen Partnerinnen bestritt. Mit der Dresdnerin Peggy Waleska landete sie beim Weltcup-Auftakt in Poznan auf Rang drei, mit ihren Vereinsgefährtinnen Christiane Huth und Kathrin Boron wurde sie in München ebenfalls Dritte bzw. vor Wochenfrist in Luzern Zweite. Auch beim Weltcup-Finale erwiesen sich die neuseeländischen Zwillinge Georgina und Caroline Evers-Swindell als unbezwingbar, die ihre letzte Niederlage bei den Weltmeisterschaften 2001 erlitten hatten – durch Boron/El-Qalqili. Kerstin El-Qalqili macht keinen Hehl daraus, dass sie mit „Boroni“ gern auch jetzt in Schinias einen Erfolgs-Zweier bilden würde, zumal sie das Rennen in Luzern „gar nicht schlecht“ fand. Doch Skull-Bundestrainerin Jutta Lau probt weiter, lässt die Weltmeisterinnen von 2001 erneut getrennt rudern: Bei den Deutschen Meisterschaften vom 2. bis 4. Juli in Berlin wird El-Qalqili mit der Magdeburgerin Manuela Lutze starten, Boron mit Meike Evers aus Ratzeburg. Am Montag nach den Titelkämpfen erhalten die Skullerinnen in Mainz ihre Olympia- Bekleidung für Athen, ehe es ins Höhentrainingslager nach Silva Plana bei St. Moritz geht. Auf dem dortigen See wird dann noch einmal einiges probiert. Nicht undenkbar, dass Kerstin El-Qalqili auch noch in den Doppelvierer rückt. In dem wurde sie 1999 und 2002 ebenfalls Weltmeister und 2000 bereits Olympiasiegerin. Damals noch unter ihrem Mädchennamen Kowalski und mit ihrer fünf Minuten älteren Zwillingsschwester Manja, die inzwischen dem Leistungssport adé sagte. „Natürlich vermisse ich Manja, mit der ich ja von kleinauf gerudert bin“, gesteht die gelernte Krankenschwester und jetzige Sportsoldatin. Die „Kowalski-Sisters“ begannen gemeinsam bei Dynamo Wildpark-West mit dem Sport, der ihnen in der Folgezeit bei Spartakiaden sowie nationalen und internationalen Wettkämpfen zahlreiche gemeinsame Erfolge bescherte. Obgleich sich hier ihre Wege inzwischen getrennt haben, „sehen wir uns – wenn ich daheim in Potsdam bin – eigentlich jeden Tag“, so Kerstin. „Dabei sprechen wir immer noch viel über Rudern, zumal mir Manja immer noch Tipps dafür geben kann.“ Überhaupt ist Kerstin El-Qalqili ein absoluter Familienmensch. Mutter Marlies und Vater Michael hat sie eine Reise zur olympischen Regatta gebucht und spendiert, „denn es war Papas Wunsch, nach seiner Lebertransplantation seine Tochter nochmal bei Olympia zu erleben“, meint sie. Und nennt als einen ihrer größten Wünsche: „Frieden im Nahen Osten.“ Schließlich ist ihr Mann Iradj Palästinenser und als Vizepräsident des Palästinensischen Ruder-Verbandes immer wieder auch im Gaza-Streifen unterwegs. Natürlich wünscht sich Kerstin El-Qalqili auch eine weitere olympische Goldmedaille. „Die Olympischen Spiele“, gesteht die Potsdamerin, „sind für mich das Größte, egal in welchem Boot.“ Und bei der Vorfreude auf Athen 2004 huscht auch schon wieder ein Lächeln über ihre Gesichtszüge.

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