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Landeshauptstadt: Ein besonderes Rauschen

Tag der offenen Tür im Wasserwerk in der Leipziger Straße: Die Besucher wollten etwa wissen, wie Trinkwasser geschützt wird

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In einer Ketchup-Flasche ist das Wasser abgefüllt, das analysiert werden soll. Die Dame aus Bornim reiht sich in die Schlange der Wartenden ein, die am Stand des Potsdamer Wasser- und Umweltlabors darauf warten, mitgebrachte Wasserproben abgeben zu können. Eine Stunde etwa dauert die Untersuchung des Wassers – während diese normalerweise kostenpflichtig ist, wird sie am Samstag beim Tag der offenen Tür des Wasserwerks in der Leipziger Straße gratis durchgeführt. Die Bornimerin will wissen, woran man sie ist mit ihrem Wasser. Sorgen hat sie eigentlich keine. Im Gegensatz zu der Frau, die in einem etwa hundert Jahre alten Haus wohnt. „Jeden Morgen kommt mir das erste Wasser aus dem Hahn etwas trübe vor“, sagt sie. Womöglich sind die Leitungen so alt wie ihr Haus? Solange die acht Mitarbeiter des Analyselabors ihre Probe begutachten, wird sie über das Gelände des Wasserwerks schlendern.

Zum Weltwassertag am 22. März öffnete das Wasserwerk in der Templiner Vorstadt Tor und Tür – eines von insgesamt fünf Werken, die die Potsdamer mit Trinkwasser beliefern. Obwohl am Samstag das Wasser vorwiegend von oben kam, fanden sich dennoch einige Besucher ein, mit etwa 2000 allerdings weniger als bis zu 5000 in den Jahren zuvor, wie Stadtwerkesprecher Stefan Klotz erklärte.

Die Besucher hatten Gelegenheit, moderne Technik und alte Bausubstanz zu besichtigen – das Werk in der Leipziger Straße ging 1900 als das zweite Wasserwerk der Stadt in Betrieb. „Wir haben hier in Potsdam sehr gutes Wasser, und es wird regelmäßiger und gründlicher kontrolliert als jede Seltersflasche“, hieß es bei einer Führung über das Gelände. Jeder Potsdamer verbraucht davon etwa 100 Liter am Tag. Auch am Samstag geht so einiges Wasser durch die Hände der Besucher. Auf den Rasenflächen rund um die roten Backsteinhäuser sind Spieleparcours aufgebaut: spritzen mit dem Wasserschlauch oder kleine Wasserwerke aus Strohhalmen und Teelicht-Blechen bauen.

Die Großen schauen derweil, wie ein TV-Untersuchungswagen funktioniert, mit dem mittels Kameras das Rohrleitungssystem erkundet werden kann. Oder sie inspizieren den Stand einer Brunnenbaufirma und schauen nebenbei in die geöffnete Luke eines Brunnens, einer von insgesamt 22, die zum Wasserwerk in der Leipziger Straße gehören. Eine Frage beim Rundgang: „Kann da nicht jemand Unfug machen oder etwas Schädliches in den Brunnen werfen?“ „Nein, das ist alles mehrfach abgesichert“, erklärte Wilfried Kühn, Maschinist und Bediener in der Leitwarte. Seit 1992 ist er dabei und derzeit einer von etwa neun Leuten im Wasserwerk. Ein schöner Arbeitsplatz, wie er findet, im Sommer fällt auch Gartenarbeit im Grünen an, und überhaupt, wer hat schon die Havel ständig direkt vor der Nase? Dann zeigt er auf dem Monitor einen schematisierten Brunnen, der einen roten Balken trägt: „Das ist das Alarmsignal, wenn hier etwas nicht stimmt, und dann wird sofort ausgeschaltet.“

Nach der Wende war das Wasserwerk in der Leipziger Straße modernisiert worden, Kühn kennt nur den aktuellen Zustand, sein Kollege erinnert sich jedoch, dass früher vieles mit der Hand erledigt wurde, was heute Rechner steuern. Auch eine ältere Dame kennt das Werk noch aus den Siebzigern. Sie arbeitete damals für eine Wasseranalyse-Firma in der Friedrich-Engels-Straße und holte die Proben aus dem Werk ab. Am Samstag ist sie das erste Mal wieder da und staunt, wie modern alles aussieht. Alte, einhundert Jahre alte Rohrleitungen, zum Teil aus Holz, liegen neben einer großen Technik-Auswahl von anno dazumal in den Vitrinen des kleinen Wasserwerksmuseums.

Gar nicht museal ist die hohe Filterhalle. In zwölf riesigen Filtern wird das Grundwasser mithilfe von Granulat gereinigt. Chemikalien wie Chlor kommen in Potsdam nicht zum Einsatz. Die großen Fenster sind blau getönt, weil dort früher offene Filterbecken standen, so Wilfried Kühn. Helles Licht hätte damals ungewünschte Osmose-Effekte in den Wasserbecken ausgelöst. Zu sehen bekommt man das kostbare Element im Wasserwerk selber aber nicht – man kann es allerdings hören. Bevor das saubere Reinwasser im riesigen unterirdischen Tank, aus dem dann ein Großteil der Potsdamer versorgt wird, verschwindet, wird es für den Endverbraucher aufgefrischt. In fünf sogenannten Kaskaden wird das Wasser belüftet und der PH-Wert angehoben. Hier rauscht es wie an einem großen Wasserfall, mitten in Potsdam.

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