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Landeshauptstadt: Ein Engel zu Hause

Patrick Fregin arbeitet seit fünf Jahren als Artist beim Traditionszirkus Probst: Bis Dienstag ist er zu Gast in Potsdam

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Auf die sechs Tage in Potsdam hat Patrick Fregin sich schon lange gefreut: „Ich werde auf jeden Fall nicht in der Betriebsküche essen“, lacht der 24-Jährige, der beim Zirkus Probst unter dem Künstlernamen Patrick Lavère als „Engel der Lüfte“ auftritt. „Ich habe mich schon zu Hause zum Essen angemeldet“, strahlt er dann. Denn der Akrobat ist Potsdamer, vielmehr „Babelsberger, um genau zu sein“.

Neun Monate im Jahr, von Anfang März bis Ende November, ist Fregin mit dem Zirkus unterwegs – seit fünf Jahren. Neben dem Akrobatikprogramm an Baumwollgurten in „fünf, sechs Meter Höhe“, das er ironisch seine „Luftnummer“ nennt, tritt er mit der Haustierschau auf. Außerdem putzt der Babelsberger vor jeder Vorstellung Sitze und platziert die Besucher in der Loge: Da gebe es manchmal anstrengende Diskussionen, verrät er. Erwachsene Besucher hätten Probleme mit der Regelung, dass die erste Reihe für Kinder reserviert ist.

„Es gibt hier keine Leute mit nur einer Funktion“, erklärt Kathrin Stremel vom Zirkusbüro. Deshalb hatte Fregin beim Zeltaufbau im Bornstedter Feld auch seinen Beitrag zu leisten: Der Babelsberger ist für den „Satteleingang“, durch den die Tiere später in die Manege gelangen, verantwortlich. Für ihn ist das reine Routinesache: Schließlich zieht der Zirkus 80 bis 90 mal pro Jahr um. Sechseinhalb Stunden dauert es, bis das blaue Zirkuszelt mit den Lichterketten steht. Noch bevor Fregin an der Reihe ist, werden die vier 16 Meter hohen Gittermasten mittels Drahtseilen und einer Winde von einem Traktor hochgezogen. Um die Zeltplane an ihren Platz zu hieven, müssen sich dann zwölf Männer mit ihrem Gewicht in die Gurte hängen. Zurufe auch auf rumänisch schallen dann über den Platz. Sieben Länder seien im Zirkus Probst vertreten, sagt Kathrin Stremel. Für Fregin, der seinen Arbeitsplatz trotzdem mit einem „kleinen Dorf“ vergleicht, ist das Zelt der „Dorfplatz“.

An ein Dorf erinnern auch die Hunde der Zirkusmitarbeiter, die im Morgengrauen zwischen den Wohnwagen umherstreifen und den fremden Besucher anbellen. Hier lebt Fregin in einem Campingwagen. Den hat er sich allerdings selbst gekauft. Vom Zirkus gebe es nur „Abteile“ für die Künstler, erzählt der 24-Jährige: „Zwei mal zwei Meter groß“, manche der 80 Mitarbeiter schliefen darin sogar zu zweit, in Doppelstockbetten. Regelrechter Luxus im Vergleich dazu ist der Dusch- und Garderobewagen mit Waschmaschine und Bad, den sich Fregin geleistet hat. „Es ist wichtig, dass man was zum Zurückziehen hat“, sagt der 24-Jährige. Zeit für sich findet er zum Beispiel beim Spaziergang mit seinem Hund Spike, einer Schäferhund-Collie-Mischung. Auch zum Frühstück und Abendessen bleibt Fregin gern allein: Nur das Mittag isst er mit Kollegen im Küchenwagen. Hier in Potsdam verlässt er sich immer noch auf Mutters Küche.

Die Verpflegung im fahrenden Zirkusdorf ist eine logistische Herausforderung: Eine Köchin kümmere sich um die Küche, so Kathrin Stremel. Wöchentlich werde einmal eingekauft, Brote aber öfter frisch vom Bäcker geholt. Das Futter für die Tiere wird zum Teil geliefert, erklärt Stremel. Aus den alten Bundesländern zum Beispiel kämen die 400 Kilo Rindfleisch pro Woche, das die zehn sibirischen Tiger fressen. Hafer und Stroh dagegen sowie Sägespäne für den Manegenboden kaufe man bei „umliegenden Bauern“. Dort werde auch der Tiermist entsorgt. Für den übrigen Müll gibt es einen LKW. Zweimal im Monat werde dieser Müll-Wagen mit „mindestens einer Tonne“ Ladung zur Deponie gefahren.

Für Fregin ist ein Auftritt in Potsdam ein Auftritt wie jeder andere. Schließlich muss der Profi, dessen Spezialität der Spagat in der Luft ist, immer „auf den Punkt konzentriert arbeiten“. „Routine ist unser größter Feind“, zitiert er eine Artistenweisheit. Nur wenn Bekannte im Publikum sitzen, gebe es „kurz vorher ein bisschen Magenkribbeln“. Runtergefallen sei er noch nie. Dann zeigt der 24-Jährige seine vernarbten Handgelenke. Denn zwei Unfälle hat Fregin doch hinter sich: Ein Kamel buckelte und warf ihn ab. „Es war kühl und das Tier suchte Bewegung“, so Fregins Erklärung. Die Kamelnummer ist jetzt abgesetzt.

Vorstellungen: Heute und Montag 15 und 18.30 Uhr; morgen 10.30 und 15 Uhr; Dienstag 16 Uhr.

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