zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Ein falscher Tritt

Die Potsdamer Bergsteigerin Dana H. stürzte nicht wie bislang vermutet in eine Gletscherspalte, sondern rutschte von einer offenbar fahrlässig gebauten Brücke. PNN sprachen mit einem Augenzeugen

Von Katharina Wiechers

Stand:

Fast eine Woche nach dem Tod der Potsdamer Bergsteigerin Dana H. kommen die Umstände ans Licht, die zu dem Unglücksfall geführt haben: Die 39-Jährige ist von einer windschiefen Brücke abgerutscht, die über einen reißenden Gletscherbach führt. Dies erfuhren die PNN nun von einem der anderen Bergsteiger am pakistanischen Broad Peak, Reinhard Auzinger. Die behelfsmäßige Brücke, die zwischen dem Basislager auf 4900 Meter und dem Aufstieg zu dem 8051 Meter hohen Gipfel liegt, führe über einen reißenden Gletscherfluss, sagte der 24-Jährige am gestrigen Freitag in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. Der Fluss habe verhältnismäßig viel Wasser geführt, da es in den Tagen davor für dortige Verhältnisse recht warm war. „Das ist so was wie ein reißender Eiskanal. Da hat man keine Chance, sich festzuhalten“, sagte er. Ob sie ertrunken sei oder ihren Verletzungen erlegen, wisse er nicht.

Die Brücke aus Bambus sei – offenbar durch abschmelzendes Eis – extrem schief gewesen, sagte Reinhard Auzinger. Schon in den Tagen vor dem Tod von Dana H. habe es mehrere Beinah-Unfälle gegeben, auch einer seiner österreichischen Begleiter sei fast abgestürzt. „Er konnte sich gerade noch am Seil festhalten“, sagte Auzinger. Trotz der offensichtlich defekten Brücke hätten die Pakistani, die mit am Berg waren, nicht reagiert. Stattdessen hätten sie für die Benutzung sogar eine Gebühr verlangt. Erst nach dem tragischen Unglück hätten sie das Bambuskonstrukt notdürftig repariert.

Reinhard Auzinger war mit zwölf weiteren Österreichern am Broad Peak. Als die Gruppe aus Berlin und Brandenburg, zu der auch Dana H. gehörte, eintraf, hatten sie die Gipfelbesteigung schon hinter sich. Am Samstag, als das Unglück passierte, kam Dana H. wohl gerade von einer sogenannten Akklimatisierungstour zurück, die Bergsteiger machen, um sich an das Höhenklima zu gewöhnen. Er selbst sei zu dem Zeitpunkt im Basislager gewesen, erinnerte sich Reinhard Auzinger. Plötzlich sei einer der Pakistani gelaufen gekommen und habe „Accident, accident“, also „Unfall, Unfall“, gerufen. Sofort seien die Pakistani ausgeschwärmt, um Dana H. zu suchen. Am nächsten Tag habe der Expeditionsleiter der Gruppe aus Berlin und Brandenburg berichtet, dass die Leiche ein Stück weiter flussabwärts gefunden worden sei. Da unter den Österreichern einige Berufs-Bergretter waren, hätten diese bei der Bergung der Leiche geholfen. Auch mit dem Satellitentelefon unterstützten die Österreicher die Deutschen, da deren Telefon nicht funktionierte.

Während Reinhard Auzinger und seine Begleiter mittlerweile wieder in Islamabad sind, hat die Gruppe aus Berlin und Brandenburg den beschwerlichen Abstieg noch vor sich. Am gestrigen Freitag brachen sie auf, nachdem ein Armeehubschrauber den Leichnam von Dana H. abgeholt hatte und nach Skardu im Norden Pakistans gebracht hatte. Von dort soll er nach Islamabad und dann nach Deutschland gebracht werden.

Die Tour der Berliner und Brandenburger war vom Outdoor-Laden „Der Aussteiger“ organisiert worden, der Filialen in Potsdam und Berlin betreibt. Anlass für die Expedition, die vor Ort vom „Aussteiger“-Geschäftsführer Mario Bornschein geleitet wurde, war das 20-jährige Bestehen des Ladens. Begleitet wurde die Expedition vom RBB–Sender Radio Eins. Zur Gruppe gehört auch ein Radiohörer, der sich beworben hatte und der kostenlos teilnehmen durfte. Auf dem Gipfel sollte nach erfolgreicher Besteigung eine Radio-Eins-Fahne gehisst werden. Nach dem tragischen Unglück wurde die Expedition sofort abgebrochen.

Der Broad Peak – zu Deutsch: Breiter Gipfel - ist der zwölfthöchste Berg der Welt. Er liegt an der Grenze zu China und ist Teil des Karakorum-Gebirges, zu dem auch sein 200 Kilometer Luftlinie entfernter Nachbargipfel K 2 gehört. Schon über 20 Menschen sind am Broad Peak ums Leben gekommen. Erst im Winter seien zwei von vier Polen, die eine Winterbesteigung gewagt hätten, nicht zurückgekehrt, sagte Reinhard Auzinger. Eine der Leichen hätten er und seine Begleiter kurz vor dem Vorgipfel auf 8030 Metern entdeckt. „Der lag da, als sei er dort erst seit gestern. Seine Hand war noch am Seil“, sagte der 24-Jährige.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })