Landeshauptstadt: Ein Falter wie ein Kolibri
Wegen der globalen Erwärmung gibt es neue Schmetterlinge in Potsdam
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Per Handy-Video bekam Matthias Kühling die „kleine Sensation“ zugespielt: „Leute, die keine Ahnung davon haben, sagen, sie hätten einen Kolibiri gesehen“, berichtet der Geoökologe. Dabei ist es ein Schmetterling, mit der Flügelspannbreite von einer Zeigefingerlänge, einem schnabelartigen Rüssel und auffällig kupferfarbenen Hinterflügeln. „Das Taubenschwänzchen“, erklärt Kühling. Dass der Falter in Potsdam-Drewitz noch am 25. November gesichtet wurde, findet er „unglaublich“.
Denn normalerweise ist der Schmetterling in Katalonien oder auf der Balkanhalbinsel, also im Mittelmeerraum, zu Hause. Man trifft ihn höchstens im Südharz oder in Thüringen an, glaubte Kühling bis vor kurzem. Seit den 90er Jahren wird der Falter jedoch zunehmend auch im Raum Berlin gesichtet. Der 25. November aber sei ein „wirklich sehr spätes Datum“.
Dass das Taubenschwänzchen nun in Potsdam heimisch wird, ist eines der Ergebnisse der Auswertung der diesjährigen Falterzählung. Fünf Potsdamer hatten sich von April bis Ende November an der Zählaktion im Park Babelsberg und im Nuthetal beteiligt. Organisiert wurde die Zählung vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) mit Unterstützung des Potsdamer Naturkundemuseums.
Aber nicht nur das Taubenschwänzchen sorgt unter den Schmetterlingskundlern für Aufregung: Erstmals wurde in Potsdam auch der Kleine Schillerfalter in zweiter Generation beobachtet, so Kühling. Bisher lebte der Falter in hiesigen Breiten nur in einer Generation pro Jahr, erklärt Kühling. Dass der Schillerfalter zwei Mal auftauchte, kann man mit dem doppelten Blühen von Blumen vergleichen. Die zweite Generation, die ab August auftritt, ist sonst zum Beispiel in Spanien daheim, so der Geoökologe.
Als Grund für den mediterranen Besuch vermutet Kühling die globale Erwärmung. „Die Verbreitungsgrenzen verschieben sich“, kommentiert er. Genau über diese Verschiebungen sollen die Schmetterlingszählungen, die bundesweit seit 2005 vom Umweltforschungszentrum in Halle-Leipzig koordiniert werden, Aufschluss geben. Potsdam ist dabei nur eine Zähl-Station auf einer Linie zwischen Spandau und Jüterbog. Dieses „Brandenburger Netz“ möchte Kühling weiter ausbauen. Gezählt werden die Falter sogar europaweit. „Es ist ein sehr empfindliches Messsystem, was wir da anzapfen“, erklärt Kühling. 2007 soll die Potsdamer Falterzählung weitergehen, so Kühling. Mitmachen kann jeder.
Um einen Gesamtüberblick zu bekommen, bittet Matthias Kühling um Mithilfe: Wer 2006 in Potsdam ein Taubenschwänzchen beobachtet hat, kann dies im Naturkundemuseum, Breite Straße 13, oder telefonisch unter: (0331) 289 67 01 melden. Ansprechpartner ist Rosemarie Spatz. Wichtig sind die Angabe von Ort und Datum.
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