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Weiß, wo das Tor steht: Marc Langer (r.) wird künftig eher Tore verhindern als sie zu werfen. Der 23-Jährige will mit dem OSC wieder in die A-Gruppe der Bundesliga aufsteigen – nicht als Linksaußen.

©  Sandra Seifert

Sport: Ein Feldspieler als Torhüter

Der OSC Potsdam will wieder ins Wasserball-Oberhaus. Mit Marc Langer haben sie einen Keeper in den eigenen Reihen gefunden – er war bisher Linksaußen. Am Wochenende steigt der erste Test in Potsdam

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Ein wenig hatte Marc Langer gehofft, dass sich in der Sommerpause noch eine andere Lösung findet. Eine, die nicht darin besteht, dass er, der Feldspieler, der Linksaußen mit dem starken rechten Wurfarm, das Tor beim Wasserball-Bundesligisten OSC Potsdam hüten wird. Aber dann kamen die Verantwortlichen ohne einen neuen Torwart zum ersten Training. Und Marc Langer dachte: „Oh mein Gott, das kann ja was werden.“

Es ist einige Wochen her, und inzwischen hat sich dieses Gefühl gelegt. „Im Training läuft es ganz gut“, sagt Marc Langer. Neulich gab es ein Trainingsspiel gegen den Berliner Rekordmeister Spandau 04, Tore und Gegentore wurden wohl nicht gezählt. „Ein paar mehr hätte ich halten müssen“, sagt Langer selbstkritisch, und: „Die Mannschaft hat gut verteidigt.“

Für Langer ist das drei Meter breite und 90 Zentimeter hohe Tor kein gänzlich unbekannter Aufenthaltsraum – die Erinnerung daran ist aber schon etwas verblasst. 2003 begann er mit Wasserball: ein Jahr das Spiel lernen, ein Jahr im Feld spielen, rechnet der heute 23-Jährige durch, als 15-, 16-Jähriger dann eine Saison als Torhüter. Einen gelernten Keeper gab es damals nicht – erst im Folgejahr wieder. Gegen den sah Marc Langer keine Chance und kehrte bald ins Feld zurück.

Schon damals machte es ihm Spaß, im Training ins Tor zu gehen. Und so überraschte es nicht, dass OSC-Trainer Alexander Tchigir und André Laube als Sportlicher Leiter nach Abschluss der letzten Saisonspiele im April 2014 und dem Weggang von Keeper Sven Fölsch fragten, ob er für die letzten Einheiten und vielleicht für die nächste Saison als Torhüter zur Verfügung steht. „Ich habe gesagt, ich würde es machen, aber schaut bitte, ob ihr noch einen richtigen Torwart findet“, erinnert sich Langer. Was offenbar nicht gelang.

So wird der gebürtige Potsdamer, der an der Humboldt-Universität Berlin Sportwissenschaft studiert, als Nummer eins vor Nachwuchs-Talent Jacob Nößler in die Saison gehen. Langer sieht „ein Stück Verantwortung mehr“, Tore zu verhindern, sieht sich zugleich aber auch nur als letzte Instanz: „Tore zu verhindern, damit hat man auch als Feldspieler viel zu tun – und damit hätte ich auch als Feldspieler viel zu tun gehabt.“ Noch fehle ihm manchmal die Orientierung im Tor, die Sicherheit, wo man sich zwischen den Pfosten befindet, „aber das automatisiert sich“.

Sein Trainer Alexander Tchigir, der mehr als 600 Mal für die Nationalteams der Sowjetunion, Russlands und Deutschlands auflief, ist zufrieden mit Langers Leistungen im Training. Er sieht Potenzial und erhofft sich von der Entscheidung zwei weitere Effekte. Zum einen werde sich die Mannschaft noch mehr auf die Verteidigung konzentrieren. Zum anderen erwartet er, dass Langer von hinten die Mannschaft noch mehr motiviert.

Seine erste echte Bewährungsprobe haben Torwart Marc Langer und die OSC-Abwehr am kommenden Wochenende im Potsdamer Brauhausberg-Bad zu absolvieren. Beim Vorbereitungsturnier um den Andreas-Ehrl-Cup werden sie von starken Gegnern getestet werden. Das Ziel, auf das sich der OSC vorbereitet, ist dabei anspruchsvoll. Die Rückkehr von der B- in die A-Gruppe soll in dieser Saison gelingen. Nach dem Abstieg 2013 war der OSC Ende März dem Wiederaufstieg schon sehr nahe, scheiterte aber im fünften und entscheidenden Spiel an A-Bundesligist SG Neukölln.

Trotz der ungewöhnlichen Lösung auf der Torhüterposition sieht Marc Langer dieses Ziel nicht als zu hochgesteckt an. Ein Jahr lang habe sich die Mannschaft eingespielt, das Ziel Wiederaufstieg könne man durchaus annehmen. Auf die Frage, wer ihn als Torschützen ersetzen könnte, verweist Langer auf einen Rückkehrer: Hannes Schulz, 24 Jahre alt, Nationalspieler.

Schulz, der vor drei Jahren zu den Wasserfreunden Spandau 04 gewechselt war und dort an zwei Doublegewinnen von deutscher Meisterschaft und Pokal beteiligt war, sucht in dieser Saison eine neue Herausforderung. Unter den verbesserten Bedingungen am Bundesnachwuchsstützpunkt Potsdam ist das Trainingspensum, das die Nationalmannschaft fordert, zu bewältigen.

Schulz soll dem OSC, dessen Altersdurchschnitt bei 20 Jahren liegt, vor allem auf den Positionen des Centerverteidigers und Rechtsaußen helfen. „Ich freue mich riesig, wieder für meinen Verein, in dem ich das Wasserballspielen von der Pike auf gelernt habe, ins Wasser steigen zu dürfen“, so Schulz, der von 2004 bis 2008 am Gewinn von sieben deutschen Nachwuchstiteln im OSC beteiligt war und 2008 mit dem jüngsten Team der Liga ins deutsche Oberhaus aufstieg. Das will er in dieser Saison erneut erreichen „und im Pokal so weit kommen wie möglich“. „Wir wollen es schaffen, dass der Brauhausberg in Brauhausburg umbenannt wird“, hofft er auf die Unterstützung der Fans.

Ingmar Höfgen

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