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Im vergangenen Jahr wurde in Potsdam insgesamt 966 mal „Ja“ zueinander gesagt. Das waren 110 Hochzeiten mehr als im Jahr zuvor.

© Andreas Lander/dpa

Heiraten in Potsdam: Ein ganz normaler Freitag

In Potsdam gibt es immer mehr Hochzeiten. Doch der 15.5.2015 lockt Brautpaare anders als in Berlin nicht an. Warum der große Ansturm auf das besondere Datum ausbleibt.

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Potsdam - Warteschlangen bilden sich im Morgengrauen bei der Bestellung des Aufgebots ein halbes Jahr vor dem Hochzeitstermin. Hochzeitsplaner, Blumenhändler und Restaurantbesitzer schieben Extraschichten. Das Standesamt erweitert seine Öffnungszeiten, um mehr Paaren die Gelegenheit zum Ja-Wort zu geben – und dennoch ist für diesen 15. Mai 2015 alles ausgebucht. Solche Szenen wie in Berlin gibt es in Potsdam nicht. Anders als in der benachbarten Hauptstadt ist man in Potsdam offenbar nicht unbedingt darauf erpicht, sich das Eheversprechen an einem Tag mit einer nicht mal kompletten Schnapszahl zu geben.

18 Ehen sollen in Potsdam an vier verschiedenen Orten am 15.5.2015 geschlossen werden. „Das entspricht der Trau-Frequenz an einem normalen Freitag“, sagt Stadtsprecher Jan Brunzlow. Von einem Ansturm könne keine Rede sein. Allerdings seien die Termine für den 15. Mai schneller vergriffen gewesen als für andere Freitage.

Wichtiger ist das Ambiente

Das Datum scheint Potsdamer Paaren weniger wichtig zu sein. „Die Paare suchen sich ihr Datum so aus, wie sie Zeit haben“, sagt Hochzeitsplanerin Undine Weißenborn. Der 15. Mai ist dabei trotz des durch den Brückentag langen Wochenendes nicht der Renner. Sie selbst habe an diesem Datum keine Hochzeiten geplant. Wichtiger als das Datum sei das Ambiente. Im Trend liege vor allem eine historische Umgebung und das Thema Nachhaltigkeit.

Nicht mal die erst im vergangenen Jahr von der Schlösserstiftung für Trauungen freigegebenen Orte wie Schloss Lindstedt, das Belvedere auf dem Klausberg, die Gerichtslaube Park Babelsberg sowie der Park Sanssouci konnten Paare zum Ja-Wort am 15. Mai bewegen. Wie die Schlösserstiftung mitteilte, liege keine einzige Anmeldung vor.

Potsdamer sind keine Hochzeitsmuffel

Die Potsdamer bleiben sich mit ihrer Skepsis gegenüber den angeblich besonderen Daten treu. Auch zu früheren Schnapszahltagen blieb der Andrang beim Standesamt im Rahmen: Am 11. November 2011 fanden 16 Hochzeiten statt – auch dieser Tag war ein Freitag. Der 8. August 2008 fiel ebenfalls auf einen Freitag und lockte immerhin 21 Männer und 21 Frauen an den Traualtar. Außerdem wurde eine Lebenspartnerschaft geschlossen.

Hochzeitsmuffel sind die Potsdamer allerdings nicht – im Gegenteil. Seit Jahren wächst die Zahl der Trauungen. Im vergangenen Jahr wurde in Potsdam insgesamt 966 mal „Ja“ zueinander gesagt. Das waren 110 Hochzeiten mehr als im Jahr zuvor. Bei den Eheschließungen gab es seit 2003 einen deutlichen Aufschwung: Lag die Zahl der Trauungen davor zwischen 465 und 575 pro Jahr, erreicht sie seit 2004 stets mindestens die 800er-Marke. Und in Potsdam heiraten nicht nur Potsdamer: Nach früheren Angaben des Standesamtes kommen sogar rund 40 Prozent der Hochzeitspaare von außerhalb.

Immer weniger Doppelnamen

Auch wenn die Zahl der Trauungen schneller zunimmt, als die Einwohnerzahl wächst, sind die Potsdamer Brautpaare immer weniger traditionell. 182 Paare nahmen im Jahr 2014 keinen gemeinsamen Familiennamen an – ein Zuwachs von fast 50 Prozent. Einigen sich Mann und Frau auf einen gemeinsamen Namen, dann ist es immer häufiger der der Frau. 105-mal entschieden sich die Paare im vergangenen Jahr dafür, den Namen der Braut zu tragen – auch das ein Zuwachs von 20 Prozent. Weniger populär sind Doppelnamen. Ihre Anzahl sank von 88 im Jahr 2013 auf 80.

Ohnehin hat die Hochzeitssaison gerade erst begonnen. In den ersten drei Monaten werden nur selten Hochzeiten gefeiert. Die meisten Paare heiraten zwischen Mai und September. Für den Wunschtermin sollten sich Heiratswillige sechs Monate vorher im Standesamt melden – dann nämlich beginnt die Terminvergabe. Am beliebtesten sind Freitage und Samstage in den Sommermonaten. An Verwaltungsgebühren werden für eine Hochzeit samt Eheurkunde mindestens 80 Euro fällig – teurer wird es bei Partnern verschiedener Nationalität oder bei Trauungen außerhalb der Öffnungszeiten. An Sonn- und Feiertagen kann nicht geheiratet werden.

Oft will die Frau die Scheidung

Trotz des Versprechens halten Ehen nicht unbedingt. 308 Ehen sind im Jahr 2013 geschieden worden. Für das vergangene Jahr liegen noch keine Zahlen vor. Die Zahl der Scheidungen bewegt sich in den vergangenen 15 Jahren laut Statistik zwischen 252 und 351 pro Jahr – die wenigsten Scheidungen gab es 2007. Überdurchschnittlich oft ist es dabei die Frau, die das Scheidungsverfahren beantragt. Ob das Name oder Ort und Datum der Hochzeit bei der Scheidung eine Rolle gespielt haben, ist in der Statistik nicht erfasst. Man könne nicht einmal sagen, ob die geschiedenen Ehen überhaupt in Potsdam geschlossen worden, so der Stadtsprecher.

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