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Sport: „Ein Geheimziel erreicht“
Potsdams Triathlon-Trainer Ron Schmidt über den Deutschen Vizemeistertitel in der Bundesliga, das Weltmeisterschafts-Abschneiden seiner Schützlinge, Probleme im Nachwuchs und neue Ziele
Stand:
Herr Schmidt, Sie müssen sich als Potsdamer Triathlon-Bundestützpunkttrainer derzeit sehr freuen. Triathlon wird in der nächsten Woche in Berlin erstmals als Demonstrationswettkampf beim Herbstfinale des traditionellen Schulwettkampfes Jugend trainiert für Olympia dabei sein.
Das ist eine schöne Sache, an der übrigens auch zwei Mannschaften der Potsdamer Sportschule als Sieger des Landesausscheids teilnehmen werden. Wir haben lange darum gekämpft, bei diesem Wettkampf dabei zu sein, und hoffen dadurch auf mehr Aufmerksamkeit für unsere Sportart.
Der Sportschule Potsdam mit derzeit 16 Triathleten als Schülern bietet sich so eine weitere Möglichkeit für Erfolge.
Ich verspreche mir von Jugend trainiert für Olympia eher eine Außenwirkung. Ein Signal dafür, dass wir zu so etablierten Sportarten wie beispielsweise Leichtathletik, Schwimmen und Fußball, die schon lange dabei sind, dazugehören. Aber natürlich hoffen wir auch auf Erfolge für die Sportschule.
Wie erfolgreich war 2011 bisher für Potsdams Dreikämpfer?
Wir sind – insgesamt gesehen – sehr zufrieden. Das Highlight war aus unserer Sicht die Teilnahme von Christian Prochnow und Gregor Buchholz an der Weltmeisterschaftsserie. Paules (Prochnows/d. Red.) 21. Platz in der WM-Endabrechnung war so gut wie noch nie zuvor in diesere Serie. Hervorzuheben ist auch Franz Löschkes Goldmedaille mit der Staffel bei der EM. Sehr positiv war auch der zweite Platz für Sophie-Elisabeth Drews bei den Deutschen Nachwuchs-Meisterschaften, mit dem sie sich die WM-Teilnahme erkämpfte. Ihr Vize-Europameistertitel bei den Juniorinnen war auch mehr als man vorher erwarten konnte. Sehr erfreulich war außerdem im Nachwuchs, dass wir mit Suse Werner und Niclas Bez zwei Bundeskader entwickelt haben, die im nächsten Jahr zur Nationalmannschaft gehören werden. Im Deutschland-Cup, der überregionalen Nachwuchs-Wettkampfserie, wurden Suse Zweite und Niklas Dritter. Und bei den U23-Meisterschaften erst vor kurzem in Grimma haben wir mit Gold für Franz Löschke und Bronze für Maximilian Molka sowie zwei weiteren Top-6-Platzierungen total zugeschlagen. Ein einmaliges Ergebnis.
Potsdams und überhaupt Brandenburgs Nachwuchs gilt seit Jahren als stark, oder?
Das stimmt. National haben wir unsere sehr gute Position behauptet. Wir gehören seit sieben Jahren zu den drei besten Landesverbänden und haben zuletzt vier Jahre lang die Länderwertung gewonnen, ehe wir in diesem Jahr Dritter hinter Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wurden. Hier und da lief da nicht alles rund. Auch wir haben Probleme, die man nicht verschweigen soll.
Welche?
Bei den Junioren wollten wir in diesem Jahr mehr erreichen. Niclas Bez, Oliver Simon und Stefan Conrad wie auch Sherin Senkel beispielsweise haben bei der Deutschen Meisterschaft in Braunschweig nicht das gezeigt, was sie eigentlich können. Da betreiben wir gerade Ursachenforschung, woran das gelegen hat.
Viel besser lief es für Potsdam in der Bundesliga. Das von Ihnen trainierte Team Triathlon Potsdam erkämpfte in dieser Saison Silber bei den Herren.
Das war ein Highlight. Wir haben damit ein Geheimziel erreicht, denn ich wollte bei dieser Deutschen Mannschaftsmeisterschaft mit Potsdam mal auf der Bühne stehen. Wir sind jetzt seit zehn Jahren in der ersten Liga, und dass wir nach vierten Plätzen in den vergangenen beiden Jahren nun beim Abschluss in Hannover sogar Vizemeister wurden, war schon die Krönung. Ein Dank an dieser Stelle allen, die uns dabei unterstützt haben. Zumal wir ja sozusagen die zweite Reihe in die Rennen schickten. Franz Löschke war nur einmal dabei, Paule Prochnow und Stefan Zachäus starteten in diesem Jahr für Witten, Gregor Buchholz für Buschhütten, Nils Frommholz fehlte uns auch.
Woran machen Sie dann Potsdams Erfolg fest?
Die Ligasaison war in diesem Jahr zweigeteilt. Zwei Rennen fanden im Mai in Paderborn und Juni in Schliersee statt, die anderen erst acht Wochen später in Grimma und Hannover. Wir haben uns voll auf diese letzten Rennen konzentriert und das Training nochmal umgestellt. Es hat nochmal einen richtigen Ruck im Team gegeben. Und nachdem wir in Grimma in der Tagesmannschaftswertung erstmals Platz zwei erkämpft hatten, waren sich alle einig: Wir holen uns diesmal eine Medaille. Silber hat uns am Ende selber überrascht.
Auch Potsdams Damen und Ihr zweites Männer-Team schafften es auf Platz zwei.
Bei den Damen hatten wir Platz zwei als Minimalziel ausgegeben, um den Aufstieg zu schaffen, was ja nun auch gelungen ist. Wir sind jetzt sowohl mit den Damen als auch mit den Herren in der ersten Liga und streben im nächsten Jahr mit mindestens einem Team eine Podestplatzierung an.
Welche Ihrer Schützlinge haben in diesem Jahr die größten Leistungssprünge geschafft?
Sophie-Elisabeth Drews und Kilian Fladung. Über Drews habe ich schon gesprochen. Fladung hat nach der ersten Saisonhälfte noch einmal einen Ruck in seiner Persönlichkeitsentwicklung bekommen. Er hat gelernt, sich mehr durchzusetzen und sich im Training mehr zu konzentrieren. Das hat er auch mit Platz sechs bei der U23-Meisterschaft und eine Woche später in Hannover mit Platz zehn im Männerfeld unterstrichen.
Sophie-Elisabeth Drews belegte bei den Weltmeisterschaften am vergangenen Wochenende in Peking Platz 14 bei den Juniorinnen
was angesichts ihrer vorherigen Erkältung und ihren noch vorhandenen Reserven auf dem Rad letztlich in Ordnung geht.
Christian Prochnow wurde dort 24. in der Elite. Das war nicht das, was Sie sich vorher ausgerechnet hatten, oder?
Paule sollte in Peking ein Jahr der Pleiten, Pech und Pannen mit einer Top-Ten-Platzierung abrunden. Von daher sind wir am Ziel vorbeigerauscht, was sicher enttäuschend war. Für Paule war das ganze Jahr sehr durchwachsen. Platz neun bei der Sprint-WM in Lausanne war eine große Leistung, aber auch die einzige. Bei der Olympia-Qualifikation in London hatte er Pech mit einem Platten beim Radfahren, und zuletzt in Peking war er durch seine beim Radsturz in Grimma erlittene Rippenprellung doch stärker gehandicapt als vorher vermutet. Nun macht er erst einmal Urlaub, und dann greifen wir neu an. Es gibt noch ein Ticket für London 2012, und das holen wir. Ob nun mit Paule oder Löschke, wird man sehen.
Franz Löschke wurde Fünfter der U23-WM, nach Gold und Bronze in den vergangenen beiden Jahren.
Auch für Franz war mehr möglich. Aber er hat es aus meiner Sicht auf dem Rad verpasst, aus seiner eigenen Sicht beim Laufen. Er ist sehr gut geschwommen, da er im Schwimmen in diesem Jahr einen wahnsinnigen Sprung nach vorn machte, hat dann auf dem Rad 34 Sekunden Rückstand zur Führungsgruppe aufgeholt, ließ dann aber eine Ausreißergruppe ziehen, obwohl er dort locker hätte mitfahren können. Er selbst glaubte, die Spitze beim Laufen noch einzuholen. Hinterher ist man immer schlauer. Mit seinem 5. Platz bin ich im Nachhinein auch zufrieden, obwohl wir wieder Weltmeister werden wollten. Durch Gregor Buchholz und Franz waren wir jetzt das fünfte Jahr in Folge in der U23 mit zwei Titeln sowie Silber und Bronze vorn in der Weltspitze dabei. In der Weltrangliste hat Franz durch Peking einen Sprung auf Rang 82 gemacht. Nun fehlen ihm noch sieben Plätze, um im nächsten Jahr an der WM-Serie der Elite teilnehmen zu können. Beim Weltcup Mitte Oktober im mexikanischen Huatulco will er versuchen, die noch fehlenden Punkte zu holen, um dann 2012 mit um das Olympiaticket kämpfen zu können. Anfang November startet er außerdem beim Europacup in Alanya in der Türkei.
Haben die Triathleten denn gar keinen Urlaub?
Doch. An diesem Wochenende machen viele noch einen Abschlusswettkampf. Franz Löschke und Stefan Zachäus beispielsweise treten wie schon in der Vergangenheit als Gaststarter in La Baule in der französischen Liga an. Ab Montag sind dann drei Wochen aktive Erholung angesagt. Nur Paule macht mit seiner Manuella derzeit Urlaub, weil er dann wieder Studienverpflichtungen in Köln hat.
Und in Berlin wartet auf ihn beim Herbstfinale von Jugend trainiert für Olympia der Demonstrationswettkampf, dessen Pate er als Athletensprecher der deutschen Triathleten ist.
Das zeigt sein großes soziales Engagement. Es ist toll, dass gerade er als Potsdamer das macht. Im nächsten Jahr wird Paule auch in der Bundesliga für uns starten. Der Vertrag ist noch nicht unterschrieben, aber wir haben uns geeinigt.
Wird für Potsdam dann in der Bundesliga sogar der Titel möglich sein?
Natürlich würde ich auch gern mal gewinnen, aber realistisch gesehen haben wir keine Chance, denn Titelverteidiger Buschhütten ist ganz anders als wir. Der macht keine Nachwuchsarbeit, sondern kauft sich die Leute aus der ganzen Welt, während wir mit eigenen Leuten antreten. Die Ausländer rennen uns die Bude ein, weil sie sehen, das wir ein gutes Bundesliga-Team sind. Wir haben Anfragen aus Mexiko und Großbritannien, aus Osteuropa sowieso. Alle wollen für uns starten, aber wir halten an unseren Leuten fest.
Das Interview führte Michael Meyer.
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