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Wo einst die Zeppeline flogen. Der Luftschiffhafen in Potsdam.

©  Andreas Klaer

Homepage: Ein Hafen nicht nur für Luftschiffe

Im Filmmuseum wurde an die Einweihung des Luftschiffhafens vor 85 Jahren erinnert

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Am westlichen Rand von Potsdam fanden vor einem Jahrhundert tatsächlich für ein knappes Jahrzehnt Luftschiffe einen Hafen. Drei Jahre lang, von 1914 bis 1917, wurden Zeppeline dort sogar gebaut. In der vergangenen Woche konnten die Besucher des Filmmuseums in ein solches urzeitliches Luftfahrzeug einsteigen und Potsdam von oben betrachten, so, wie es 1918 aussah, mit Heilig-Geist-Kirche und einem kaum baumumwachsenen Schloss Sanssouci.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Feste feiern – und Geschichte vergessen?“ berichteten der Sporthistoriker Berno Bahro von der Universität Potsdam und der Stadthistoriker Thomas Wernicke vom Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, wie aus einem Hafen für Luftschiffe einer der größten Sportplätze der Weimarer Republik wurde.

Denn als die ältesten Luftaufnahmen von Potsdam entstanden, wurden an der Pirschheide schon keine Zeppeline mehr gebaut. Der Erste Weltkrieg hatte auch den Traum von Potsdam als Drehkreuz der Luftschifffahrt zerstört. Die einst höchste Luftschiffhalle der Welt musste 1920 abgerissen werden und Potsdam sich nach dem Ende der Monarchie neu orientieren. Der Luftschiffhafen bot durch seine Lage am Wasser und seine Weiträumigkeit ideale Voraussetzungen für eine Land- und Wassersportstätte, mit der sich Potsdam als gutbürgerlicher Wohnort etablieren könnte. Die Stadt kaufte das Areal zurück und investierte in Sportbauten. Der alte Name wurde beibehalten, auch als metaphorischer Anspruch, dem sportlichen Ehrgeiz entsprechend höher, schneller und weiter zu kommen.

Im Mai 1925 richtete Potsdam die erste Allgemeine Wassersportausstellung auf dem Gelände aus, 1926 eine zweite. Dass Sport nicht nur als Körperertüchtigung und Turnen keineswegs bloß als ästhetische oder athletische Übung angesehen wurde, bewies eine zwölfminutige Dokumentation der endgültigen Eröffnungsfeiern vom 15. Mai 1927. An den Honoratioren der Stadt ziehen nicht nur die Sport- und Turnervereine der Region, sondern auch die Schützengilde sowie die Innungen der Stadt und auch der Kreiskriegerverband vorbei. Im Minutentakt zieht der körperlich imposante, alle anderen überragende Oberbürgermeister Arno Rauscher seine Mütze. Die sogenannte Weiherede hält Superintendent Otto Dibelius.

Denn eingeweiht wird nicht nur eine Sportstätte. Mit der programmatischen Widmung „Zum Andenken an ihre Heldensöhne“, für die im Weltkrieg zu Tode gekommenen 1700 Potsdamer Soldaten, wird der Luftschiffhafen gleichsam zu einem Kriegermahnmal erhoben. Den entsprechenden Gedenkstein im Zentrum der Sportanlage rückt die zeitgenössische Filmreportage, die ebenfalls im Filmmuseum zu sehen war, immer wieder ins Bild.

Demonstriert wurde damit vor allem eins: Sport und vormilitärische Ausbildung sollten verzahnt werden. Ganz im Sinne des Turnvaters Jahn, der Turnen als Mittel zur nationalen Mobilmachung ansah, denn die Wehrpflicht war in der Weimarer Republik – in Folge des Versailler Vertrags – abgeschafft. Turnen wurde als Mehrkampfdisziplin angesehen, als ganzheitliche Körperertüchtigung. Damit unterschied es sich, wie Berno Bahro ausführte, von der Idee des Sports im angelsächsischen Raum, der eher spezialisiert und wettkampforientiert war.

Die zwanziger Jahre waren im Dachverband, dem Deutschen Reichsausschuss für Leibesübungen, von Konkurrenzkämpfen beider Richtungen geprägt. So wurden 1922 etwa Doppelmitgliedschaften verboten. Allenfalls taktische Bündnisse wurden eingegangen. Für die Kriegsvorbereitung instrumentalisieren ließen sich aber letztlich beide Gruppierungen. Ganz so wie die Zeppeline, die in Potsdam gebaut wurden. Es waren Kriegsschiffe. Lene Zade

Lene Zade

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