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Klimaforscher: Ein Haus des 21. Jahrhunderts

Das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung feierte seinen 20. mit der Grundsteinlegung für ein Institutsneubau.

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Teltower Vorstadt - Auf dem Telegrafenberg haben sie angefangen mit zwei Zimmern im Keller. Das war 1992. „Ich musste mir damals einen Schreibtisch borgen“, erinnert sich Professor Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe, der bekennt, den ältesten Arbeitsvertrag des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zu haben. „Den ersten Computer habe ich noch auf dem Berliner Ku’damm gekauft.“ Zwei Keimzellen hat das heute international renommierte PIK. Zum einen sind das zahlreiche junge Metereologen, die Ideen haben, aber keinen Ort, um sie umzusetzen, da der DDR-Wetterdienst in Potsdam gerade massiv Stellen abbaute, sagt Gerstengarbe. Zum anderen das gerade frisch gegründete Berliner Institut für Ökosystemforschung, das seine ersten Räume im Ex-Hauptquartier der DDR-Staatssicherheit in der Normannenstraße fand. „Wir haben zuerst aus Stasi-Kaffeetassen getrunken“, berichtet Felicitas Suckow, die dabei war.

Anekdoten wie diese wurden am Mittwoch freilich nur am Rande erzählt. Offiziell feierte das Institut sein 20-jähriges Bestehen mit der Grundsteinlegung für einen Forschungsneubau auf dem Telegrafenberg. Der erste Neubau der Institutsgeschichte ist „ein bewohnbares Forschungsobjekt“, wie Institutschef Professor Hans Joachim Schellnhuber in seiner Festrede in Anwesenheit der Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) und Brandenburgs Forschungsstaatssekretär Martin Gorholt (SPD) erklärte. Es sei „ein Haus des 21. Jahrhunderts“. In dem von Architekt Stefan Tebroke entworfenen Gebäude werde der Großrechner des Instituts so viel Wärme erzeugen, dass damit nicht nur das etwa über 17 Millionen Euro kostende Haus beheizt wird. Vielmehr gibt es laut PIK-Verwaltungsleiter Sven Arndt auch „erste Überlegungen“, auch weitere Gebäude mit der Computer-Abwärme zu beheizen. Wobei der Begriff „Abwärme“ schon etwas Abwertendes hat, erklärte John Grunewald, Professor für klimagerechtes Bauen an der Technischen Universität Dresden und Projektpartner bei der Realisierung des PIK-Neubaus unweit des Einsteinturms.

Schellnhuber zufolge konnte unweit der baulichen Vorbilder solcher Architekten wie Paul Emanuel Spieker (1826-1896), der das Observatorium auf dem Telegrafenberg entwarf, und Erich Mendelsohn (1887-1953), der den Einsteinturm schuf, „nicht irgendein Haus“ entstehen. Man könne die Architekturqualität nicht kopieren. Das Haus müsse vielmehr „in der Formenwelt des 21. Jahrhunderts erschaffen“ werden.

Architekt Tebroke schilderte seine Intentionen; es sei ein relativ großes Haus, in dem nach der Fertigstellung im Sommer 2014 immerhin 200 PIK–Mitarbeiter arbeiten sollen. Gleichsam sollte das Gebäude nicht in den Konflikt mit dem nahen Einsteinturm geraten. Die Lösung dieses Problems „kann nur Zurückhaltung sein“, erklärte Tebroke, dessen Berliner Architekturbüro BHBVT bereits den Neubau für das Astrophysikalische Institut auf dem Babelsberg entwarf. Entstehen sollte auf dem Telegrafenberg „ein Haus im Wald“, das kaum zu sehen ist, eine „Nicht-Architektur“, sagte Tebroke. Entworfen wurde ein Mehrgeschosser mit einem Grundriss in Form eines dreiblättrigen Kleeblatts. So wirke das Haus „kleiner als es wirklich ist“. Die Außenhaut werde aus „beflammten Lärchenholz“ bestehen, eine schwedische Methode, bei der das Holz widerstandsfähiger wird.

Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe und Felicitas Suckow freuen sich auf das neue Institutsgebäude. Beide loben ihren Chef Schellnhuber. „Er hat uns machen lassen“, sagt Gerstengarbe. Felicitas Suckow: „Er setzt auf Ideen von unten.“ Das habe es in der DDR überhaupt nicht gegeben und sei die Basis des Erfolges des PIKs, das heute 340 Mitarbeiter hat.

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