zum Hauptinhalt

Fragen zur Ethik der Embryonenspende: Ein heikles Feld

Dass eine „gespaltene Mutterschaft“problematisch für das Wohlergehen des Kindes ist, sei in ihren Augennach derzeitigem Kenntnisstand nicht belegt. Das sagte FelicitasKrämer, Professorin für Angewandte Ethik an der UniversitätPotsdam, im Rahmen einer Konferenz zur Ethik der Embryonenspende inder vergangenen Woche an der Universität Potsdam.

Stand:

Dass eine „gespaltene Mutterschaft“

problematisch für das Wohlergehen des Kindes ist, sei in ihren Augen

nach derzeitigem Kenntnisstand nicht belegt. Das sagte Felicitas

Krämer, Professorin für Angewandte Ethik an der Universität

Potsdam, im Rahmen einer Konferenz zur Ethik der Embryonenspende in

der vergangenen Woche an der Universität Potsdam. Eine „gespaltene

Mutterschaft“ liegt vor, wenn die genetische und die austragende

Mutter nicht identisch sind. Das oftmals gegen eine Embryonenspende

vorgebrachte Argument des kindlichen Wohlbefindens hält sie für

haltlos. Vielmehr würden verschiedene Studien der vergangenen Jahre

darauf hindeuten, dass eine Spaltung der Mutterschaft, wie sie durch

eine Eizell- oder Embryonenspende entsteht, keinen Einfluss auf die

Kinder habe. Die Expertin für Bioethik verwies darauf, dass eine

gespaltene Vaterschaft auch weithin als natürlich und

unproblematisch angesehen würde.

Die früher in Deutschland – und in anderen

Ländern teilweise jetzt noch – übliche Anonymität der

Spendereltern kritisiert Felicitas Krämer hingegen. Denn das Recht

der Kinder auf die Kenntnis ihrer genetischen Abstammung müsse

gewahrt werden. Zur Illustration nennt sie den Fall des britischen

Teenagers Gracie Crane. Die damals 16-Jährige hatte 2014 gesagt,

wegen der Ungewissheit über ihre eigene Herkunft wünschte sie sich

manchmal, nie geboren worden zu sein.

Über die Ethik der Embryonenspende diskutierten

an der Universität Experten verschiedener Fachgebiete. Hintergrund

der englischsprachigen Konferenz in Kooperation mit dem

MenschenRechtsZentrum (MRZ) der Universität war eine Stellungnahme

des deutschen Ethikrates zur Spende von Embryonen. Diese ist vom

deutschen Recht im Gegensatz zur Eizellspende zwar nicht explizit

verboten, wird mit dem Embryonenschutzgesetz aber weitgehend

eingedämmt. Beispielsweise dürfen nicht mehr Eizellen einer Frau

befruchtet werden, als ihr innerhalb eines Zyklus übertragen werden

sollen. So entstehen in der Regel keine „überzähligen“

Embryonen, die gespendet werden könnten. Ausnahmefälle entstehen

jedoch, wenn etwa die Frau vor der Übertragung verunglückt, sich

von ihrem Partner trennt oder sich doch mehr Eizellen als vorgesehen

zu Embryonen entwickeln. Trotz möglicher negativer Auswirkungen

einer „gespaltenen Mutterschaft“ hat es in diesen Fällen

Priorität, das Leben des potenziellen Kindes zu schützen. Dann ist

eine Spende an andere Paare möglich.

Über den moralischen Status eines Embryos gibt es

in Deutschland und seinen Nachbarländern unterschiedliche Ansichten.

Da sei es beinahe amüsant, über gemeinsame europäische Richtlinien

zu sprechen, stellt Guido Pennings, Professor für Bioethik an der

Universität Gent, während der Konferenz fest. In seinem Vortrag gab

er Einblicke in den Umgang mit Embryonen bei der Reproduktion in

Belgien. Anders als in Deutschland gibt es hier keine Begrenzung für

die Anzahl der erzeugten Embryonen, eine Vorratshaltung eingefrorener

Embryonen ist erlaubt. Was am Ende der Aufbewahrungszeit mit den

übrigen Embryonen geschehen soll, müssten die Patienten in

Belgien vertraglich festlegen. Nach einer maximalen Lagerung von zehn

Jahren können sie zerstört, für wissenschaftliche Untersuchungen

freigegeben oder an andere Paare gespendet werden. Dass diese

Entscheidung den Patienten bereits vor der künstlichen

Befruchtungabverlangt wird, bewertet Pennings kritisch. Wenn ein Paar

erst einmal ein Kind hat, könne es ganz anders über Embryonen

denken als noch vor der Behandlung, so der Professor. In seiner

Forschung interessiert er sich vor allem dafür, als was die

Patienten die Embryonen wahrnehmen. Dies sei Pennings zufolge

wichtig, um die Entscheidungen und das Verhalten der Patienten zu

verstehen. Paare, die in ihren Embryonen die einzigartige Kombination

ihrer Gene sehen und sie als Symbol ihrer Beziehung auffassen, würden

sich zum Beispiel im Allgemeinen gegen eine Spende entscheiden. Ein

weiterer Grund dagegen sei das Verantwortungsgefühl für das

entstehende Kind und die Angst, ihm könne es in der anderen Familie

schlecht gehen.

Merle Janssen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })