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Ausgesprochen KAPUSTE: Ein Heiliger König

In den Niederlanden wurde kürzlich diskutiert, ob es rassistisch sei, den im holländischen Viertel wohlbekannten Sinterklaas von einem schwarz geschminkten „Zwarten Piet“ begleiten zu lassen. Vielleicht wird es demnächst dem Vertreter Afrikas unter den Heiligen Drei Königen an den Kragen gehen.

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In den Niederlanden wurde kürzlich diskutiert, ob es rassistisch sei, den im holländischen Viertel wohlbekannten Sinterklaas von einem schwarz geschminkten „Zwarten Piet“ begleiten zu lassen. Vielleicht wird es demnächst dem Vertreter Afrikas unter den Heiligen Drei Königen an den Kragen gehen. Bis vor einiger Zeit war dieser ein „Neger“, doch jetzt, da das Wort richtigerweise als politisch inkorrekt verbannt wurde, sind viele unsicher, was sie stattdessen sagen sollen. Das Angebot an Ersatzbezeichnungen ist meist holprig oder skurril.

In meiner Jugend in Bayern wurde ganz unbekümmert „Neger“ gesagt. Das war mir auch später nicht suspekt, leitet sich das Wort doch vom lateinischen „niger“ ab, was lediglich „schwarz“ bedeutet. „In meiner Jugend“, das heißt, in den ersten Jahren nach dem Krieg und dem Dritten Reich mit seinem widerlichen Rassenwahn, verkehrte man in Bayern mit den schwarzen US-Soldaten, wenn es die Sprache zuließ, nicht herablassend, sondern durchaus von gleich zu gleich. Die Deutschen waren wie die schwarzen Soldaten Menschen zweiter Klasse. Das verband. Wobei nicht verhehlt werden soll, dass die schier unbegrenzten Mengen an Zigaretten, Schokolade und Corned-Beef-Konserven, über die diese Soldaten zu verfügen schienen, die Akzeptanz auf bayrischer Seite sehr erleichterten, und dass sich die Soldaten im Gegenzug dafür weißen Fräuleins nähern durften, ohne, wie in den Südstaaten der USA, befürchten zu müssen, gelyncht zu werden. Die bayerische Toleranz drückte sich in dem Satz „D’Nega sand Menschen wie mia!“ aus.

Nachdem man wieder ausreichend zu essen und zu rauchen hatte, änderte sich Manches, aber rassistische Äußerungen gegenüber Dunkelhäutigen habe ich in Bayern nie gehört, allenfalls hie und da eine lockere Bemerkung, wie man sie auch über Rheinländer oder ähnliche Völker macht. Was nicht heißt, dass Bayern anfangs eine rassismusfreie Zone war. Die durch den Krieg nach Bayern verschlagenen Nichtbayern waren in der Regel lästige „Preißn“ oder schmarotzende „Saupreißn“, und ein Landtagsabgeordneter hielt die Heirat von Einheimischen mit Flüchtlingen für eine „Bluatschand“, eine besondere Art der Rassenschande. Doch das ist alles Schnee von gestern. Bayern verdankt seinen Aufstieg nicht zuletzt diesen Nichtbayern, und die Heiligen Drei Könige, sie kommen wieder am 6. Januar.

Unser Autor ist ehemaliger Stadtverordneter der CDU und war Vorsitzender des Ausschusses für Kultur. Er lebt in Eiche.

Eberhard Kapuste

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