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Landeshauptstadt: Ein Jahr vor dem Mauerfall

Im November 1988 sind in Potsdam Thesen diskutiert worden, um die DDR zu verbessern. Ein Rückblick

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Es war ein Samstag im November vor 20 Jahren, als das Rinnsal der späteren Revolution in Potsdams erstmals mehr Leute erreichte als in den Monaten zuvor. 106 Menschen – darunter Mitarbeiter der Staatssicherheit – haben sich an diesem Tag in der Kiezstraße getroffen, um über „Mehr Gerechtigkeit in der DDR“ zu sprechen. Die Stasi schrieb in den Akten später über das Regionale Ökumenische Forum am 12. November 1988 in Potsdam, dass die Basisgruppen den Druck auf Kirchenleitung und Staat erhöhen wollen, „um anerkannter Dialogpartner zu werden“.

Die Thesen aus den Ökumenischen Versammlungen sind fünf Seiten, nur für den innerkirchlichen Gebrauch steht darunter. Darin stehen Sätze wie: Der Mut zur Teilnahme an öffentlichen Angelegenheiten fehle „durch geheime Überwachung und fehlenden Datenschutz“. Und: „In unserem Lande leben viel zu viele Menschen mit enttäuschten Erwartungen an die Gesellschaft“. Manfred Kruczek gehörte in diesen Jahren zu jenen, die den Diskussionprozess in Potsdam in gang gebracht habe. Zwei Gruppierungen unter dem Mantel der Kirche sind bis dahin von der Staatssicherheit in Potsdam als auffällig eingestuft worden. Die „Schmiede“ um Pfarrer Flade in Babelsberg und der „Friedenskreis“ der Erlöserkirche um Pfarrer Kwaschik. „Es gab kernige kleine Oppositionsgruppen“, sagt Kruczek rückblickend und nennt auch die Physiker an den verschiedenen Instituten als aktive Gruppe. Und das in der Bezirksstadt der DDR, die mehr als die normalen systemtragenden Einrichtungen hatte. Zum Ergebnis dieser DDR-weit 13 Foren innerhalb der Kirche sagt Manfred Kruczek heute, „die Leitkultur der friedlichen Revolution wurde damit gelegt“.

Am kommenden Mittwoch, auf den Tag 20 Jahre später, wird Kruczek erneut in der Kiezstraße sitzen und über die Vorboten der friedliche Revolution von 1989 diskutieren. Wie vor zwanzig Jahren sitzt er dann neben Martin Kwaschik – allerdings ohne darüber zu sprechen, wie die Gesellschaft der DDR verbessert werden kann. Sondern darüber, warum die Veränderung letztendlich so ablief, wie sie am 3. Oktober 1990 geendet hat. Mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten.

Es gehe um die Ereignisse vor dem Mauerfall, erklärt Kruczek das Engagement vor dem Jubiläumsjahr 2009, sechs Jahrzehnte nach der Gründung der Bundesrepublik und der DDR sowie 20 Jahre nach dem Mauerfall. Der Verein Forum zur kritischen Auseinandersetzung mit DDR- Geschichte im Land Brandenburg, dem er angehört, wolle die Vorboten der Revolution erörtern. „Warum verlief der Prozess so überraschend friedvoll“, stellt er sich noch heute die Frage. Sein nächster Ansatz ist die Erklärung, woher sich die damaligen Akteure gekannt haben. Dies soll in der Veranstaltung beleuchtet werden, die von Linda Teuteberg moderiert und von der Zentrale für Politische Bildung gefördert wird.

Veranstaltungsbeginn in der Kiezstraße 10 ist am Mittwoch, dem 12. November, um 19 Uhr

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