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Landeshauptstadt: Ein japanisches Küken

Sigrid Meesmann liebt Mangas. In Japan wird sie ein Jahr in einem Kindergarten arbeiten und so endlich in die Kultur eintauchen

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Für Sigrid Meesmann fing alles an, als sie das erste Mal in die übergroßen Augen der Figuren in „Tokyo Mew Mew“ blickte. Ein japanischer Manga. In der Grundschule war das. „Die Geschichte und die Zeichnungen brachten mich in eine andere Welt“, erzählt die heute 19-Jährige. Es folgten viele, viele weitere Mangas, dazu Animes im Fernsehen. In der 5. Klasse fing sie selbst an zu zeichnen. Sie fuhr zu Buchmessen, reichte ihre Zeichnungen bei Wettbewerben ein, traf sich mit anderen Mangabegeisterten. „Die Mangas sind meine Zuflucht. Wenn es mal hart wird und es mir nicht so gut geht, dann kann ich damit abschalten.“

Ihr Skizzenbuch hat sie ständig dabei, auch die Bio- und Physikhefter der Voltaire-Gesamtschule, wo sie vor Kurzem Abitur gemacht hat, mussten dran glauben. Alles wurde übersät mit den japanisch inspirierten Comic-Charakteren. Je mehr es wurden, desto stärker wuchs auch das Interesse an Japan im Allgemeinen. „In der 10. Klasse habe ich auch die Kultur und die Menschen für mich entdeckt. Ich habe eine Facharbeit über Samurai geschrieben“, erzählt Sigrid Meesmann, die mit ihren mit rosa Lidschatten gerahmten Augen und dem schwarzen, weit ausgestellten Rock selbst ein bisschen aussieht wie eine ihrer Mangafiguren. Aus dieser Zeit stammt auch der Traum, irgendwann einmal selbst nach Japan zu fahren.

„Eigentlich wollte ich mit Work and Travel dorthin“, sagt Sigrid Meesmann. Doch das Modell, mit dem viele nach dem Abitur ein Jahr verreisen, indem sie vor Ort kleinere Jobs annehmen, um Unterkunft und Essen bezahlen zu können, überzeugte sie nicht ganz. „Ich bin nicht so gut im Organisieren“, gibt die zunächst etwas schüchterne junge Frau zu. „Beim freiwilligen sozialen Jahr habe ich einen festen Ansprechpartner, eine stabile Arbeitsstelle.“ In ihrem Fall wird das ein Kindergarten in Hiroshima sein. Das Arbeitsumfeld dort kommt ihr entgegen. „Ich konnte schon immer besser mit Kindern als mit Erwachsenen.“

Ein Jahr in Japan, unter lauter fremden Menschen: Keine Selbstverständlichkeit für jemanden, der nach eigener Aussage zurückhaltend ist. „Ich will das alleine schaffen“, das sagt sie, die sonst mit leiser Stimme spricht und oft auf den Tisch schaut, plötzlich laut und mit direktem Blick in die Augen. „Ich will bewusst heraus aus meiner Wohlfühlzone. Wenn ich zurückkomme, werde ich ein neuer Mensch sein, nicht mehr so introvertiert.“ Sie habe nach dem Abi keinen Plan B gehabt, jetzt sind die Flugtickets für den 11. September gebucht. „Ich fühle mich wie ein Küken, das das erste Mal aus seinem Nest fliegt.“

Auf dem Weg dorthin hat sie schon einiges geschafft, wie sie nicht ohne Stolz berichtet. Die Bewerbung über die Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (IJGD) mit Auswahlgespräch, das Visum, den Japanischsprachkurs, ein Praktikum in einem Kindergarten. Nur die Finanzierung steht noch auf etwas wackeligen Beinen. Neben dem Flugticket muss sie über einen privaten Förderkreis rund 2500 Euro zusammenbekommen. Das versucht sie über eine Crowdfundingkampagne – mit bisher mäßigem Erfolg. Nur 100 Euro hat sie so bisher eingesammelt, einen Teil davon von ihrer Mutter. „Aber man kann den Beitrag auch monatlich bezahlen. Ich mache mir da weniger Sorgen als sie.“

Crowdfunding unter www.gofundme.com/japanesedReaM8

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