Soziale Stadt Potsdam: Ein Job für Visionäre
Daniel Beermann ist der neue Geschäftsführer des Vereins Soziale Stadt Potsdam. Wichtigste Aufgabe derzeit: Die Finanzierung der Einrichtungen am Schlaatz und in Drewitz sichern.
Stand:
Daniel Beermann ist kein Romantiker. Auch in der Sozialarbeit geht es irgendwann ums Geld, obwohl vieles auf den Schultern von Ehrenamtlern ruht und manches, ein nettes Wort, ein Rat, eine Geste, nichts kostet und Beermann genau das gut kann. Aber Einrichtungen und Projekte zu führen – das kostet. „Also rechnen kann ich“, sagt Daniel Beermann, gelernter Banker, von sich selbst. Der 46-Jährige ist seit Ende August Geschäftsführer des Vereins Soziale Stadt e. V., der das Friedrich-Reinsch-Haus im Schlaatz, den Bürgertreff Oskar in Drewitz, das Flüchtlingswohnheim Staudenhof und die Flüchtlingswohnung für Frauen in der Hegelallee trägt. Beermann wurde Nachfolger von Stefan Grzimek, der kurzfristig aus Krankheitsgründen ausfiel.
Als Geschäftsführer muss Daniel Beerman motivieren, die Arbeit der vier Einrichtungen untereinander abstimmen, mit der Stadt vernetzen und die Finanzierung sichern. Da passt es, dass er sich mit 16 Jahren zunächst für eine Ausbildung bei der Bank entschied. Nach sechs Jahren im Bankgeschäft allerdings dachte er: „Das ist nicht das, was ich für immer machen will.“ Er wollte dichter ran an die Menschen, machte seinen Zivildienst in der Suchtberatung, fuhr „Essen auf Rädern“ aus und orientierte sich komplett um. Er hängte ein Studium zum Diplom-Sozialarbeiter dran und machte seinen Masterabschluss Sozialmanagement. Eine gute Kombination. Damit begann er 1998 bei der Pro Potsdam zu arbeiten. Eine seiner Aufgaben: Mietschuldenmanagement. Er klingelte bei Mietern mit Zahlungsrückständen und fragte: „Mensch, was ist denn los, können wir helfen?“ Von den insgesamt etwa 5000 Wohnungen im Schlaatz gehört immerhin knapp die Hälfte der Pro Potsdam. Neben seinem Job als Geschäftsführer arbeitet Beermann bei der Pro Potsdam als Teamleiter Sozialmanagement. Beermann sagt: „Ich kenne mich aus im Schlaatz.“ Auch wenn er nicht hier wohnt, sondern aus familiären Gründen in Berlin.
Insgesamt 20 Mitarbeiter arbeiten im Verein Soziale Stadt, organisieren Freizeitangebote, Selbsthilfe, Sprach- und Computerkurse, Nachbarschaftshilfe und Stadtfeste. Das Friedrich-Reinsch-Haus ist ein offenes Haus, wer kommt, findet immer jemanden zum Reden. Und oftmals noch ein Stück selbstgebackenen Kuchen einer der Frauen, die hier gefühlt immer in der Küche stehen. „Das ist hier wie das Wohnzimmer des Kiezes“, sagt Beermann.
Als das Friedrich-Reinsch-Haus vor zehn Jahren als erste Einrichtung des Vereins Soziale Stadt gegründet wurde, war Beermann bereits dabei und hat Friedrich Reinsch, den Ideengeber und Antreiber, noch bis zu seinem Tod 2011 erlebt. Jahrelang war Beermann Vorstandsvorsitzender und zuletzt Aufsichtsratschef. Das Haus im Schlaatz, das „Oskar „ in Drewitz und der Staudenhof – sie laufen gut, aber nichts ist ein Selbstläufer. Bisher wird alles über die Pro Potsdam, Drittmittel aus diversen Fördertöpfen und das Bundesprogramm Soziale Stadt finanziert. Aber dieses Programm endet in zwei Jahren. Beermann wünscht sich eine dauerhafte, verlässliche Förderung. „Wir müssen alles jedes Jahr neu beantragen. Ich denke jetzt schon an 2018.“ Dabei gibt es jetzt noch mehr zu tun. „Der Schlaatz hat mehr Bedarfe als wir derzeit mit unserem Angebot decken“, sagt Beermann. Die Integration von Flüchtlingen ist ein großes Thema. „Die Integration ist aber nicht erledigt, sobald die in eine eigene Wohnung gezogen sind“, sagt er. „Da geht es darum: Wie funktioniert Mülltrennung? Wer sind meine Nachbarn? Wie geht Wohnen in Deutschland?“ Die Anwohner haben da durchaus Ideen, was man tun kann. Aber einer müsse es organisieren, Konzepte erarbeiten, die richtigen Leute zusammenbringen, sagt Beermann. „Dazu fehlen mir Leute, da müssten wir nachsteuern.“ In einem Kiez, in dem viele Alte, Arbeitslose oder auch Suchtkranke wohnen, ist die sogenannte aufsuchende Sozialarbeit besonders wichtig. „Das heißt, zu den Leuten hingehen, mal beim Nachbarn klingeln, wenn man das Gefühl hat, da verschwindet jemand hinter seinen Vorhängen. Aber das ist eben zeitintensiv.“ Beermann sieht da ganz klar die Stadt in der Verantwortung. „Quartiersmanagement ist eine städtische Aufgabe.“
Vieles haben sie in den zehn Jahren schon geschafft, auch wenn nicht alles so messbar ist wie die Eröffnung einer neuen Einrichtung. Sozialarbeit ist ein kontinuierlicher Prozess, sagt Beermann, bei dem man Visionen braucht.
Damit die oft unsichtbare und präventive Arbeit so vieler ehrenamtlicher Helfer auch Anerkennung erfährt, hat der Verein vor zehn Jahren den Potsdamer Ehrenamtspreis ins Leben gerufen. Seitdem habe sich viel in der Wahrnehmung geändert, sagt Beermann. Die erste Preisverleihung fand noch im kleinen Rahmen statt, heute füllt sie die Schinkelhalle.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: