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Von Martina Liebnitz: Ein langer Weg

Das Studium an der Potsdamer Filmhochschule HFF ist begehrt / Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist auch hier ein Thema

Stand:

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie müsse verbessert und Voraussetzungen geschaffen werden, damit mehr Kinder in die Welt kommen. Das wäre für eine gute Zukunft Deutschlands wichtig, so der Familienmonitor 2009. Doch auf die aktuelle Familienpolitik reagieren die Geburtenzahlen eher verhalten. Der Nachwuchs gut ausgebildeter und hoch qualifizierter Eltern ist unterdurchschnittlich. Kinder gelten als Armutsrisiko.

Verlässliche Rahmenbedingungen wie Infrastruktur, Zeit und finanzielle Sicherheit könnten nachhaltiger auf die Geburtenzahl wirken als finanzielle Anreize. Wollen Studierende in den Genuss des Elterngeldes kommen, müssen sie Urlaubssemester nehmen, bekommen für diese Zeit kein Bafög und sind meistens auf Harz IV angewiesen. Studium kontra Kinderwunsch? Etwa sieben Prozent der Studierenden im Land haben trotzdem Kinder und beweisen das Gegenteil.

An der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ könnte ihr Anteil sogar noch höher liegen, denn die Studierenden hier sind im Durchschnitt älter als an anderen Hochschulen des Landes. Gleich nach dem Abitur bestehen die Wenigsten die Eignungsprüfungen der HFF. Oft haben die Neuimmatrikulierten bereits eine abgeschlossene Ausbildung und Berufserfahrung. Der Weg zum begehrten Studium ist lang.

Die HFF ist die einzige Kunsthochschule in Brandenburg. Hier wird in elf spezialisierten Studiengängen für die Bereiche Film, Fernsehen und Neue Medien ausgebildet. An der Überleitung in Bachelor- und Master-Studiengänge wird gearbeitet. Zum Teil erfolgte die Umstellung bereits. Medienwissenschaft ist bereits ein MA-Studiengang und Schauspiel ein Intensiv-Bachelorstudiengang. Ton und Montage werden zum Wintersemester 2010 überführt.

Wenn die Absolventinnen und Absolventen die Hochschule verlassen, sind sie Anfang dreißig oder älter und müssen sich in eine Branche integrieren, die dynamisch wie kreativ ist und einen harten Wettbewerb lebt. Sie werden in freien Berufen arbeiten, müssen mobil sein, haben unregelmäßige Arbeitszeiten und zum Berufseinstieg müssen sie sich gelegentlich mit Nebenjobs über Wasser halten. Medienberufe und Familie haben es nicht leichter miteinander als Studium und Kind. Infrastruktur, Zeit und finanzielle Sicherheit sind für Studierende nie wirklich eine Option. Es gibt keinen idealen Zeitpunkt für Kinder, aber irgendwann ist es zu spät. Viele Studierende entscheiden sich daher ganz bewusst, während des Studiums Eltern zu werden.

Mit ihrem Versprechen Familienverantwortung zu übernehmen, reagieren Universitäten und Hochschulen auf einen Bedarf und alle profitieren davon. Familienfreundlichkeit ist ein potenter Vorteil im Wettbewerb mit anderen Ausbildungseinrichtungen – ein Wettbewerb um Studierende, Lehrende, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

An der HFF gibt es jetzt eine Familienbeauftragte, ein Eltern-Kind-Zimmer und eine Familienseite auf der Homepage. Für verschiedene Bereiche wurde kindgerechtes Mobiliar und Spielzeug angeschafft. Der Anfang ist gemacht. Ein Spielplatz ist in der Planung. Über Möglichkeiten der stundenweisen Kinderbetreuung in HFF-Nähe und auch außerhalb regulärer Kita-Öffnungszeiten wird nachgedacht. Von einem Bedarf nur in Einzelfällen wird ausgegangen, denn die meisten Studierenden (85 Prozent) wohnen in Berlin und bevorzugen wohnortnahe Angebote.

Familie und Studium oder Beruf zu vereinbaren, ist in keiner Lebensphase einfach. Kinder erziehen, Angehörige kurzzeitig betreuen, behinderte Familienmitglieder ständig pflegen oder hilfebedürftige Eltern versorgen – viele Szenarien sind denkbar. Flexible Arbeitszeit- und Ausbildungsprogramme sind hilfreich. Studien- und arbeitsorganisatorisch braucht es aber viel Kreativität, „familienbedingte“ Ausfälle angemessen zu kompensieren. Das ist mitunter eine Kunst, aber die wird an der HFF ja studiert.

Martina Liebnitz

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