
© privat
Landeshauptstadt: Ein Leben unter Dampf
Er hat die „Gustav“ zum Leben erweckt – jetzt ist der Maschinist Klaus Köllner gestorben
Stand:
Die „Gustav“ war sein Meisterstück. Vor elf Jahren hat Klaus Köllner den damals schrottreifen Dampfer für die Weisse Flotte Potsdam wieder zum Leben erweckt. Von 2001 bis 2011 war er damit als Maschinist auf der Havel unterwegs. „Der ,Gustav‘ ist ein Teil von mir geworden“, hat er immer wieder gesagt. Anfang Mai ist Klaus Köllner im Alter von 70 Jahren gestorben.
Zur Beerdigung am heutigen Mittwoch erwarten seine Kollegen Gäste aus Kiel, Flensburg und Dresden. Denn mit Köllner ist einer der letzten Dampfmaschinenprofis Deutschlands gegangen, sagt sein Lehrling Uli Kuhberg, der jetzige Kapitän der „Gustav“. Und einer der letzten „Wasserzigeuner“. Denn Familie, Frau oder andere Hobbys hat Köllner nie gehabt, er lebte für die Schifffahrt. Als „liebevolles Raubein“ haben ihn seine Kollegen und unzählige Passagiere kennengelernt.
„Was haben wir denn von einem schlechten Leben? Lieber gut gelebt und dafür ein bisschen länger.“ Skurrile Sprüche wie diesen hatte Klaus Köllner für jede Situation parat. Dass er den Rat seiner Ärzte auch nach mehreren Herz-Operationen in den Wind schlug, verwunderte niemanden wirklich.
Den Traum vom Leben auf dem Schiff hat Köllner bereits als Junge in Dresden: Ohne Vater in armen Verhältnissen aufgewachsen, verlässt er die Schule schon früh und lernt zunächst Kesselschmied. Als ihn sein Opa immer wieder auf Dampfschlepper-Touren mitnimmt, reift der Wunsch, selbst Maschinist zu werden – ein Beruf, der etwas galt. In den 1960er Jahren steigt Köllner in Dresden bei der Dampfschifffahrt ein, fährt mehr als 20 Jahre Raddampfer auf der Elbe, ist mit dem Schaufelraddampfer „Krippen“ später deutschlandweit auf Tour.
Mit einem Dampfschiff aus Dresden kommt Köllner 1997 auch nach Potsdam. Damals pachtet die Weisse Flotte die „Sachsenwald“ aus der sächsischen Landeshauptstadt – und verpflichtet den Maschinisten gleich mit.
Drei Jahre später dann die Chance auf sein Lebenswerk: Die Potsdamer Schifffahrt kauft den 1908 gebauten Sattelschlepper „Gustav“, der jahrelang in Berlin vor sich hinrostete. „Das war ein Haufen Schrott“, sagt Uli Kuhberg. In der Bolle-Werft macht Klaus Köllner die Dreifachexpansionsdampfmaschine mit 250 PS wieder flott, baut einen neuen Kohlenkessel ein, kann sein Wissen aus der jahrzehntelangen Arbeit spielen lassen.
2001 schallt das charakteristische Horn der „Gustav“ zum ersten Mal durch Potsdam. Im gleichen Jahr muss Köllner sich einer ersten Herzoperation unterziehen. Obwohl er danach Invalidenrente bezieht, ist er noch zehn Jahre mit der „Gustav“ unterwegs, auch, um seinen Nachfolger anzulernen. Spätestens ab acht Uhr ist er am Hafen in der Alten Fischerstraße. Oft endet der Tag erst elf Uhr nachts.
Dass es um seinen Gesundheitszustand sehr ernst stand, hat er am Ende wohl auch selbst gewusst, meinen die Kollegen. Abstriche wollte Klaus Köllner aber nicht machen. Die Fahrt mit dem Schleppzug nach Stettin vor zwei Jahren war noch ein Höhepunkt in den vergangenen Jahren, Köllner schwärmte lange von der Tour. Aus dem Treffen der Raddampfer-Veteranen in Dresden sollte jedoch nichts mehr werden. Den 70. Geburtstag im März 2011 beging Klaus Köllner in gemütlicher Runde mit Freunden und Kollegen. Auch zur Flottenparade im April war er mit auf dem Schiff und feierte noch zünftig. Am Morgen des 7. Mai starb er an einem Herzschlag.
Seine Kollegen von der Schifffahrt in Potsdam beklagen den Tod als großen Verlust – die Weisse Flotte organisiert auch die Beerdigung. Klaus Köllner wird um 12.30 Uhr auf dem Neuen Friedhof beigesetzt. Freunde und Weggefährten des Dampfmaschinisten nehmen mit einer Tour auf der „Gustav“ Abschied von ihm. „Klaus wird hier immer gegenwärtig sein“, sagt Kapitän Uli Kuhberg.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: