
© T.Reichelt
Landeshauptstadt: Ein Lehrer soll bleiben
In der Probezeit gekündigt: Proteste am Evangelischen Gymnasium Hermannswerder
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Die Kündigung eines Lehrers am Evangelischen Gymnasium auf Hermannswerder hat eine massive Protestwelle der Schülerschaft und zahlreicher Eltern ausgelöst. Auf Flugblättern, Plakaten und mit Mahnwachen fordern sie vom Schulträger, der Hoffbauer-Stiftung, die Entlassung zurückzunehmen. Die Stiftung hält indes an der Kündigung fest. Sie wurde erst vor wenigen Tagen ausgesprochen. Mit dem letzten Schultag vor den Osterferien soll der betroffene Lateinlehrer seinen Dienst quittieren – rechtzeitig vor dem Ende seiner Probezeit. Erst vor rund einem halben Jahr hatte der Lehrer seine Stelle auf Hermannswerder angetreten.
Auf Flugzetteln, Protestplakaten und über das soziale Netzwerk Facebook machen die Schüler des Evangelischen Gymnasiums ihrem Ärger über die Kündigung Luft: „Unser Lehrer soll bleiben“, heißt es auf den Zetteln, die auf dem Schulhof umherfliegen. „Wir kämpfen für unseren Lehrer“ und Sprüche wie „Einer für alle, alle für einen“ sind auf Plakaten zu lesen, die Schüler im Schulhaus verteilt haben. Allein über Facebook sollen sich rund ein Drittel der 750 Schüler des Gymnasiums dem Protest angeschlossen haben, heißt es aus der Schülerschaft. Sie wollen nicht erkannt werden, deshalb agieren sie verdeckt. Sie rufen ihre Mitschüler auf: „Helft mit, ihn an der Schule zu behalten.“ Der Latein- und Griechischlehrer soll nach Angaben der Hoffbauer-Stiftung sechs bis acht Klassen unterrichten – vorwiegend in der Sekundarstufe I.
Die in die Kritik geratene Stiftung hält sich mit Aussagen zurück. Es handele sich um eine Personalangelegenheit, zum Grund der Kündigung werde man keine Auskunft geben, erklärte Jürgen Kraetzig, Prokurist der Hoffbauer-Stiftung. „Wir respektieren die Haltung von Schülern und Eltern“, sagte Kraetzig. Natürlich denke man über jede Form von positiver und negativer Kritik nach. Die Probezeit im Arbeitsvertrag des betroffenen Lehrers sei beidseitig vereinbart worden, eine Kündigung kurz vor Ablauf der Frist sei ein ganz normaler Vorgang. Jedes Jahr stelle Hoffbauer etwa 50 bis 70 neue Lehrer für seine Schulen ein, etwa vier bis sechs davon würden in der Probezeit wieder entlassen. Keine Antwort gab Kraetzig auf die Frage, ob die Kündigung rückgängig gemacht werden könnte. Sein Kommentar zu den Protesten: „Wir werden das im Nachgang auswerten.“
Das ist vielen Schülern zu spät. „Praktisch die gesamte Schülerschaft setzt sich für unseren Lehrer ein“, sagten Gymnasiasten gegenüber den PNN. Der betroffene Lehrer selbst war nicht zu erreichen. „Er ist ein sehr guter und beliebter Lehrer“, die Kündigung habe alle überrascht. Über die Gründe gibt es nur Gerüchte: So soll der Lehrer Jungs besser benotet haben als Mädchen. Auch soll er eine Schülerin beleidigt haben – offenbar ein Missverständnis, wie es heißt. Der Lehrer sei sehr wertvoll für das Gymnasium, versichern die Schüler. Unter anderem soll er nach der Schule Hebräisch unterrichtet haben. Sein Umgangston im Unterricht sei zwar etwas rauer, aber nie habe er Jungs bevorzugt oder Mädchen beleidigt.
Auch einige Eltern setzen sich inzwischen für den Lehrer ihrer Kinder ein. Aus fast allen Klassen, die der Lehrer unterrichtet habe, hätten sich Eltern den Protesten angeschlossen, heißt es. Sie bemängeln, dass die Hoffbauer-Stiftung nur wenig Gesprächsbereitschaft gegenüber Schülern und Eltern gezeigt habe. Sie halten die Kündigung kurz vor Ende der Probezeit zudem für sozial nicht verträglich – die Schule sollte eine andere Lösung finden. „Wir sind keine Chaoten“, sagte eine Mutter gegenüber den PNN.
Von der Schulleitung selbst war keine Auskunft zu bekommen. Auch Lehrer an der Schule wollten sich nicht zu der Kündigung äußern. Hinter vorgehaltener Hand heißt es aber, die Vehemenz der Proteste sei etwas bislang Einmaliges.
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