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HEYES Woche: Ein Lob für Potsdams Universität

Schön, dass es mir einmal gelingt, die Wirklichkeitsnähe der Potsdamer Universität lobend zu erwähnen. Nein, nein – bei diesem Hinweis geht es nicht um Forschung und Lehre.

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Schön, dass es mir einmal gelingt, die Wirklichkeitsnähe der Potsdamer Universität lobend zu erwähnen. Nein, nein – bei diesem Hinweis geht es nicht um Forschung und Lehre. Es geht vielmehr darum, dass das Auffälligste an den deutschen Universitäten derzeit ihre Unauffälligkeit beim gegenwärtigen Krisen-Diskurs ist. Auch Potsdam macht da keine Ausnahme. Keine Universität kommt derzeit auch nur in die Nähe der Auseinandersetzung, wie sie etwa die Theater auf diversen Bühnen bieten, nicht nur in Berlin. Da wird die Debatte geführt über gesellschaftliche Widersprüche, im „Streitraum“ der Schaubühne oder im „Grünen Salon“ der Volksbühne. Aktuelle Spielpläne bringen die Kluft zwischen Arm und Reich und die soziale Wirklichkeit des Landes auch auf die Bühnen.

Potsdams Universität hingegen wollte im vergangenen Jahr nicht mal erlauben, zum Christopher-Street-Day die Regenbogenfahne auf dem Campus wehen zu lassen. Jetzt wurde das Verbot aufgehoben. Der Protest dagegen war also wirksam. Das galt auch für die Einladung der Chefin des Bundes der Vertriebenen zu einer Ringvorlesung über die deutsche Siedlungsgeschichte in Osteuropa. Sie kam nicht zustande und hätte wohl kaum zur Besserung der Beziehungen zu Polen beitragen oder den Widerwillen von Frau Steinbach gegen den Beitritt Polens zur Europäischen Union vergessen machen können. So wurden die Schlagbäume abgeräumt und die Grenzkontrollen beendet. Wirklichkeitsverweigerung aber sollte auf dem Campus doch möglichst vermieden werden. Ob sich das jetzt ändert? Immerhin startet die Universität den „Campus der Generationen“. Es geht um die Weiterbildung arbeitsloser Akademiker jenseits des 50. Lebensjahres. In einer alternden Gesellschaft kann das eine Idee mit großer Zukunft sein. Ähnliches gibt es auch in Freiburg, was das Lob für die Potsdamer nicht schmälert, die nun ebenfalls die jungen Alten wieder für den Arbeitsmarkt stärken wollen. Die Ära, da Arbeitnehmer schon mit 50 zum alten Eisen geworfen werden konnten, geht zu Ende. Die Unternehmen werden künftig wegen des Geburtenrückgangs alles daran setzen, das Potenzial und die Erfahrung der Älteren möglichst lange an sich zu binden. Dann werden auch im Hörsaal Alte neben den Jungen keine Ausnahmen mehr sein. Das kann dazu beitragen, das Verständnis zwischen den Generationen zu verbessern. Der „Campus der Generationen“ ist dafür ein guter Anfang.

Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.

Uwe-Karsten Heye

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