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Neubau geplant: Vor dem Projekthaus Babelsberg in der Rudolf-Breitscheid-Straße soll für 750 000 Euro ein dreistöckiges Passivhaus entstehen.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Ein Neubau trotz Geldsorgen

Das Projekthaus in Babelsberg wird ab 2013 nicht mehr vom Bundesfamilienministerium finanziert

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Babelsberg – Das alternative Projekthaus muss mit weniger Geld auskommen. 2008 hatte das Bundesfamilienministerium dem Projekt den Titel „Mehrgenerationenhaus“ (MGH) verliehen, zusammen mit einer bis 2013 laufenden Förderung von insgesamt 40 000 Euro. Laut Holger Zschoge, Sprecher des Trägervereins zur Förderung innovativer Wohn- und Lebensformen (Inwole), der das Projekthaus betreibt, hatte sich das Wohnprojekt zwar für weitere Finanzmittel beworben, wurde jedoch abgelehnt. Denn das Ministerium unterstütze ab jetzt nur noch ein MGH pro Kommune – in Potsdam ist dies der Treffpunkt Freizeit.

Das Projekthaus behält dennoch weiterhin seinen Status als MGH und könne auch Angebote des Bundesprogramms – zum Beispiel Fachtage – in Anspruch nehmen, betonte Projekthaus-Koordinator Christian Theuerl am Samstag: „Das Bundesministerium hat ausdrücklich unsere Arbeit gewürdigt und bedauert, dass wegen der Mittelkürzung im neuen Programm bundesweit nun 50 Mehrgenerationenhäuser weniger gefördert werden können.“ Derzeit wird das 2005 gegründete Wohnprojekt, das aus drei Häusern und einer offenen Werkstatt besteht, von sechs Mitarbeitern und rund 50 Ehrenamtlern betrieben.

Die Stadtverwaltung habe sich laut Zschoge bereits dazu bereit erklärt, im Falle einer Weiterverlängerung der MGH-Förderung 10 000 der 40 000 Euro Fördersumme zu übernehmen. Die Stadtverwaltung sehe den Wert des Projekthauses, so Zschoge: „Wir versuchen derzeit, die Förderung für das Haus aufzuspalten: Das Jugendamt will das Werkhaus in den nächsten zwei Jahren fördern, bei der Förderung des Bereichs Wohnen verhandeln wir noch mit dem Bauamt, bei unseren Angeboten für Migranten und Flüchtlingen mit dem Sozialamt.“

22 Potsdamer zwischen 20 und 50 Jahren wohnen in den Gebäuden des Projekthauses, 2013 soll noch ein dreistöckiges Passivhaus mit großen Wohnungen für Familien dazukommen: Das energiesparsame Gebäude soll straßenseitig errichtet werden und wird mit 550 bis 600 Quadratmetern Fläche und sieben Wohnungen Platz für etwa 20 neue Bewohner bieten. Die Eigenmittel von 150 000 Euro seien schon fast beisammen, so Zschoge, der Bauantrag werde mit großer Wahrscheinlichkeit noch im November gestellt. Die Gesamtkosten des Neubaus werden etwa 750 000 Euro betragen.

Zschoge sieht das Projekthaus derzeit auf einem guten Weg: „Es ist zu spüren, dass das Gesamtkonzept mit den verschiedenen Bereichen Werkstatt, Projekte, Wohnen und Kultur langsam rund wird. Wir sind bekannt in Potsdam, es gibt viele Anfragen von Menschen, die hier Projekte realisieren wollen.“ Im Projekthaus werden jährlich 25 bis 30 verschiedene Projekte durchgeführt, oft mit internationaler Beteiligung. Am Freitag und am Wochenende fand das zweite Fachforum „Zukunft der Arbeit“ statt, bei dem mit Gästen aus Spanien, Griechenland, Bulgarien und Tschechien über alternative Formen des Arbeitens und Wirtschaftens diskutiert wurde. „Wir zeigen, dass man gleichzeitig ökologisch und sozialverträglich leben, arbeiten und bauen kann“, sagte Zschoge. Zu den Themen des Fachforums zählten unter anderem die Selbstorganisation von Zeltstädten in den USA, der wachsende Do-It-Yourself-Trend oder das bedingungslose Grundeinkommen. Bewohner des selbstverwalteten spanischen Dorfes Marinaleda, in dem die Arbeitslosenrate Null beträgt, referierten über die Organisation und das Leben in ihrem Dorf.

Am Sonntag fand das erste Erntefest des Projektbereiches „Urbanes Gärtnern“ statt, ein Thema, welches das Projekthaus künftig weiter ausbauen will – „Subsistenz“, also Selbstversorgung, ist das Stichwort. Um Anbauflächen zu schaffen, hatte man Kürbisse, Tomaten, Gurken und andere Gemüsesorten nicht nur in Kübeln und Hochbeeten gepflanzt, es waren auch Teile des Betonbodens auf dem Gelände des Projekthauses entfernt worden. „Wir versuchen, mit unseren Projekten Alternativen zu schaffen zum Einkauf im globalen Supermarkt“, sagt Zschoge.

Das Projekthaus finanziert sich zum Teil durch Mieteinnahmen aus den hier stattfindenden Projekten, zum Teil durch Fördergelder – zum Beispiel von der Aktion Mensch oder der Europäischen Union –, die etwa 200 000 Euro pro Jahr betragen. Dazu kommen Spenden von jährlich etwa 30 000 Euro. Neben dem Verein Inwole haben auch der Flüchtlingsrat Brandenburg und der Verein Opferperspektive Büroräume im Projekthaus.

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