Landeshauptstadt: Ein Präsentationstermin?
Brandenburger Ärztechef wegen Vorteilsannahme vor Gericht. Urteil voraussichtlich am 4. August
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Blauäugigkeit oder Kalkül? Seit dem gestrigen Montag muss sich der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Brandenburg, Hans-Joachim Helming, wegen Vorteilsannahme vor dem Amtsgericht verantworten. Der 60-Jährige soll im August 2008 die Einladung einer Potsdamer Computerfirma zur „Nacht der Könige“ während der Schlössernacht angenommen haben. Die Ärzteorganisation soll in großem Umfang EDV-Produkte von der Firma bezogen haben. „Um das Wohlwollen im Rahmen weiterer Beschaffungsmaßnahmen zu honorieren, sollen die Geschäftsführer des Unternehmens den Angeklagten und zwei weitere leitende Mitarbeiter der Brandenburger KV zu der Veranstaltung, die auch eine Fahrt mit dem Dampfschiff ,Fredericus Rex’ samt Bewirtung und Bustransfer umfasste, eingeladen haben“, so die Staatsanwaltschaft. Insgesamt sollen Helming und seine Begleiterin Leistungen im Wert von mindestens 840 Euro in Anspruch genommen haben.
„Wenn ich im Jahr 2008 auch nur annähernd gewusst hätte, was mir jetzt vorgeworfen wird, hätte ich die Einladung nie und nimmer angenommen“, beteuerte Hans-Joachim Helming zum Prozessauftakt. Er habe sie damals als ganz normalen Termin gewertet, auf dem er die Kassenärztliche Vereinigung präsentieren sollte. Heute sehe er das differenzierter. „Dennoch bin ich mir keines Fehlverhaltens bewusst“, versicherte der Arzt.
„Sie waren seit 2004 hauptamtlicher Vorsitzender der KV, mussten sich also auskennen“, hielt ihm Amtsrichter François Eckardt entgegen. „Haben Sie sich sachkundig gemacht, ob das eine Dienstpflicht ist? Sind sie von der betreffenden Firma auch schon eingeladen worden, als Sie noch kein Vorstandschef waren?“, fragte er weiter. Aus Sicht des Gerichts habe der Angeklagte die Einladung unter der Prämisse angenommen, etwas umsonst zu bekommen. „ Das ist der Vorwurf, der Ihnen jetzt auf die Füße fällt.“ Doch so schnell gab der Angeklagte nicht klein bei. Für ihn sei die besagte Einladung ein offizieller Termin der Ärztevereinigung gewesen, betonte er. Und diese Termine seien sauber.
Paragraf 331 des Strafgesetzbuches besagt: „Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.“
Für einen Schuldspruch muss das Gericht dem Angeklagten nachweisen, dass er gewusst hat, was sich hinter der Einladung der Computerfirma verbirgt. Dies sei seinem Mandanten nicht zu beweisen, erklärte Rechtsanwalt Matthias Schöneburg und beantragte ein Rechtsgespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Als die Öffentlichkeit wieder zugelassen wurde, verkündete Amtsrichter Eckardt: „Die Verhandlung wird auf den 4. August vertagt.“ Zu diesem Termin seien unter anderem die beiden Geschäftsführer der Computerfirma zu laden. Dann werde voraussichtlich auch eine Entscheidung fallen. Nach dem Willen der Staatsanwaltschaft sollten die zwei Firmenchefs wegen Vorteilsgewährung per Strafbefehl verurteilt werden. Das lehnten sie ab. Sie beriefen sich darauf, dass Hans-Joachim Helming ein Arzt und kein Amtsträger sei. Sie werden sich deshalb auch vor Gericht verantworten müssen. G. Hohenstein
G. Hohenstein
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