ORTSTERMIN: Ein sogenannter Scheinkandidat
Waldstadt - Es war ein spannendes Duell, das gerade am Kickertisch ausgetragen wurde. Es erforderte die Konzentration der Jungen und Mädchen, sodass Oberbürgermeister Jann Jakobs kaum Beachtung geschenkt wurde, als er die kleine Bühne im Jugendklub „Hanns Eisler“ in der Saarmunder Straße betrat.
Stand:
Waldstadt - Es war ein spannendes Duell, das gerade am Kickertisch ausgetragen wurde. Es erforderte die Konzentration der Jungen und Mädchen, sodass Oberbürgermeister Jann Jakobs kaum Beachtung geschenkt wurde, als er die kleine Bühne im Jugendklub „Hanns Eisler“ in der Saarmunder Straße betrat.
Anlässlich des 15-jährigen Bestehens des Jugendhilfevereins Breitband e.V. am Samstag ließ es sich der derzeit wahlkämpfende SPD-Politiker natürlich nicht nehmen, mit wenigen Worten die Arbeit des in der Waldstadt ansässigen Vereins zu loben. Ein Termin mit Wohlfühlcharakter für Jann Jakobs, einen Monat vor der Kommunalwahl am 25. Mai. Seine Plakate hängen überall in der Waldstadt.
Doch Jakobs Kandidatur sorgt nicht nur für Zustimmung. Denn würde er gewählt und sein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung annehmen, müsste er dazu als Oberbürgermeister zurücktreten. So wird nicht Jakobs, sondern ein Nachrücker aus der SPD ins Stadtparlament einziehen. Schon bei den Kommunalwahlen 2008 hatte es Kritik an solchen sogenannten Scheinkandidaturen gegeben – nun sind Parteien wie die Grünen verärgert, von Wählertäuschung ist sogar die Rede.
Die Aufregung, die rund um das Thema entstanden ist, kann Jakobs selbst nur schwer nachvollziehen. Schließlich sei das gängige politische Praxis. „Ich mache daraus kein Geheimnis und tue auch nicht so, als ob ich mit dem Gedanken spielen würde, mein Amt als Oberbürgermeister niederzulegen. Wer mich fragt, bekommt auch eine ehrliche Antwort“, sagt Jakobs. Es gehe dabei ganz pragmatisch um Stimmenfang und eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung – möglichst für die SPD. Den ganzen Samstag ist Jakobs unterwegs, bei einem Empfang von Deutschlandradio Kultur im Hans Otto Theater, beim Frühjahrsputz in einer Garagengemeinschaft am Schlaatz, bei der Enthüllung eines SPD-Großplakats am Horstweg.
Im Hanns-Eisler-Klub steht der Oberbürgermeister nicht im Mittelpunkt. Hier geht es um die Arbeit der Aktiven des Breitband-Vereins, der neben dem Jugendklub Eisler-Klub auch den Kinderklub Otto Nagel betreibt. Für Breitband-Geschäftsführer Jürgen Knape ist es vor allem wichtig, selbst aktiv zu werden. „Die offenen Einrichtungen tragen einen wichtigen Teil zum kulturellen Leben der Stadtteile bei“, so Knape. Das Netzwerk mit Schulen und Kitas sei die Grundlage, immer wieder neue Generationen in die beiden Häuser zu ziehen. „Wir wollen den Kindern und Jugendlichen hauptsächlich einen gewaltfreien und geschützten Raum zum Treffen geben“, meint der 45-jährige Sozialarbeiter. Ferienfreizeiten, Projekttage und diverse Veranstaltungsreihen sind nur die sichtbaren Ergebnisse ihrer Arbeit. „Und manche Erfolge kann man einfach nicht in Zahlen ausdrücken.“ Und Jakobs sagt das, was von einem Oberbürgermeister im Wahlkampf erwartet wird: „Seit 15 Jahren leistet der Verein eine klasse Arbeit.“
Chantal Willers
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: