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Roland Schmiedicke hat beim Glas einen guten Durchblick. Er leitet die zur Glaserhandwerk GmbH umgegründete PGH, die jetzt ihren 50. Geburtstag feierte.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Ein Stift und sein gläserner Traum

Die Glaserhandwerk GmbH Potsdam feierte 50. Geburtstag und liegt auch weiterhin gut im Rennen

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Teltower Vorstadt – Es liegt nicht nur am speziellen Werkstoff, dass man bei der Glaserhandwerk GmbH Potsdam (GGP) einen guten Durchblick hat. Die Zeichen der Zeit zu erkennen, bewährte sich schon öfter in der 50-jährigen Firmengeschichte. Gegründet wurde der Firmenvorgänger, die PGH Glasbau, eigentlich schon im Dezember 1958, gefeiert wurde aber erst jetzt. Heute hat die GGP noch elf Beschäftigte, statt der knapp 30 in Spitzen-PGH- Zeiten und die Arbeitsweise ist eine gravierend andere. Die Materialien seien so reichhaltig geworden, dass auch ausgefallene Kundenwünsche schnell und passgenau erfüllt werden könnten.

Die Leistungen der GGP reichen von Restaurierungsarbeiten wie gerade beim Zuschneiden der Fensterscheiben für den Winzerberg oder Arbeiten an der Angerkirche in Babelsberg über Sanierung und Reparaturen bis zu Sonderwünschen beim Privathausbau. Es wurden auch Schauvitrinen für das Bodemuseum geklebt und Glasmöbel gefertigt. „Ein Glasbett haben wir allerdings noch nicht gebaut“, sagt Geschäftsführer Roland Schmiedicke (47). Von Großprojekten, wie es die Arbeit am Stern-Center war, habe man sich verabschiedet. Dadurch sei man fleixibler geworden und habe auch die jüngste Wirtschaftskrise gut überstanden. Die Auftragslage sei weiterhin gut. Den Nachwuchs zogen sich die Glaser selbst heran. Zehn Lehrlinge wurden ausgebildet und sind im Betrieb geblieben. Schmiedicke selbst setzte sich noch einmal auf die Schulbank und machte seinen Betriebswirt bei der Handwerkskammer. „Eine gute Ausbildung“, sagt er. „Die kann ich jedem Leiter nur empfehlen.“

Zur PGH kam Roland Schmiedicke 1978 als Stift, lernte dort und machte 1988 seinen Meister. 1990 übernahm er die Leitung des zur GGP umgegründeten Betriebes, zuerst noch zusammen mit dem alten PGH-Vorsitzenden, dann ab 1993 allein. Ob die PGH-Gründung damals unter Zwang passierte, weiß er nicht. „Es gab eine Menge Mittel, die privaten Meister unter Druck zu setzen. Sie bekamen zum Beispiel überhaupt kein Material mehr“, fasst er Gehörtes zusammen. Aus der Not eine Tugend machend, startete die PGH erfolgreich, wurde zu einer der größten Genossenschaften in Potsdam und hatte bald mehrere Betriebsteile. Dort, wo sich jetzt der Stammsitz der GGP in der Friedrich-Engels-Straße befindet, waren Büros und Lager untergebracht, die Werkstatt wurde erst später ausgebaut. Die PGH bekam ihren Anteil an Großaufträgen wie den Ausbau des Flughafens Schönefeld oder die Errichtung des Chemiefaserwerkes Premnitz. In Schulen, Sporthallen, Kindergärten, auch beimPotsdamer Restaurant Minsk wurden Fenster und gläserne Gestaltungselemente eingesetzt.

Doch der Materialmangel blieb akut. „Wir haben immer Naturalien eingepackt, Werder-Ketchup, Spargel oder Tomaten, wenn wir zum Glaswerk nach Torgau fuhren. Dort waren das Raritäten und wir wurden besser bedient“, erzählt Schmiedicke. Dafür konnte die PGH, die eine Abteilung Autoverglasung in der Heinrich-Mann-Allee hatte, auch mal anderen in höchster Not helfen. Schmiedicke erinnert sich: „Zu uns kamen einmal im Winter vier Frauen aus Leipzig im Wartburg auf den Hof gefahren. Ein Stein hatte dem Auto die Frontscheibe zerschlagen. Das Thermometer zeigte Minus 15 Grad und die Vier waren zu Eiszapfen gefroren. Überall unterwegs hatten sie schon um eine Scheibe gebettelt, ehe wir uns endlich erbarmten.“Hella Dittfeld

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