Negativpreis für Filmmuseum Potsdam: Ein Sturkopf aus Beton
Das Potsdamer Filmmuseum hat fast einen Negativpreis des Behindertenverband Brandenburg erhalten
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Innenstadt - Die Bahn streikt seit 20 Jahren – zumindest für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen in Eisenhüttenstadt, wie am Dienstag bei der Verleihung des „Betonkopfes“ im Potsdam Museum deutlich wurde. Der Bahnhof dort hat nämlich ziemlich viele Treppen und beherbergt zu allem Überdruss auch noch den einzigen Fahrkartenautomaten der Stadt. Nicht nur für behinderte Menschen ist er kaum nutzbar, es sei denn sie nutzen einen verbotenen Weg zu den Gleisen. Seit zwei Jahrzehnten versucht der Allgemeine Behindertenverband des Landes Brandenburgs (ABB) einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen – und verleiht den Verantwortlichen der Deutschen Bahn AG wegen unerfüllten Zugeständnissen dafür nun ihren Negativpreis „Betonkopf“.
Seit 2004 wird dieser nun schon an „Projekte, die besonderes Kopfschütteln hervorrufen“, verliehen, sagte ABB-Vorsitzende Andrea Peisker. Die Preisträger nehmen die Büste selten selbst entgegen, auch dieses Jahr nicht.
Davongekommen sind vier weitere Nominierte, darunter auch das Filmmuseum in der Breiten Straße. Statt einer Rampe am Eingang wurde hier nach der umfangreichen Sanierung buchstäblich ein „Hintertürchen“ aus der Wand gefräst. Wie so oft müssten „Hausierer und Behinderte durch den Kohlekeller“, kommentierte ABB-Sozialberater Stephan Faust den barrierefreien Hintereingang. Auch schon vor der Sanierung hatten Behindertenverbände mehrfach über Barriere-Probleme am Filmmuseum geklagt.
Die Preisvergabe findet jedes Jahr am 5. Mai anlässlich des Europäischen Aktionstages für die Gleichstellung und Teilhabe sowie gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung statt. Die Mittel für den Tag stellt die Aktion Mensch zur Verfügung.
Der ABB mischt sich seit 1992 in die Behindertenlandespolitik ein. Mit Erfolg: Viele Vorschläge wurden umgesetzt, nicht nur bauliche. Erst kürzlich wurde die Zusammenlegung des Amtes des Landesbehindertenbeauftragten mit dem des Referatsleiters Behindertenpolitik nach jahrelangem Einsatz des Vereins wieder rückgängig gemacht. Auch für die im aktuellen Koalitionsvertrag von SPD und Linke angekündigten Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit setzt er sich nachdrücklich mit Forderungen ein. Dazu gehört die Erhöhung des Landespflegegeldes um 30 Prozent ebenso wie eine stärkere Arbeitsmarktöffnung und bessere Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Auch auf konkrete Alltagshürden weist der Verein hin, etwa lästige Drehkreuze an Supermärkten.
Nach der Verleihung besuchten die Gäste den Landtag – um sich zu überzeugen, ob dieser tatsächlich allen Interessierten offenstehe. Erst vor zwei Jahren wurde der „Betonkopf“ an den dortigen Plenarsaal vergeben, barrierefreier wurde dieser seitdem allerdings nicht.
Die Deutsche Bahn war im Publikum übrigens nicht nur wegen des Preises Thema: Viele Eingeladene konnten aufgrund des GDL-Streiks nicht an der Veranstaltung teilnehmen. Rita Orschiedt
Rita Orschiedt
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