Sport: Ein Trainer kündigt
Nach zwei Jahren verlässt der ehemalige DDR-Auswahlcoach Bernd Stange Zypern
Stand:
Berlin - Bernd Stange ist in der Nacht zum Sonntag erst sehr spät ins Bett gekommen. Den Fußballtrainer hatten seine Spieler vom zyprischen Erstligisten Apollon Limassol in eine Bar der 70 000-Einwohnerstadt eingeladen. Trotz des wenige Stunden zuvor errungenen 2:1-Sieges gegen Spitzenreiter Apoel Nikosia dürfte der nächtliche Umtrunk keine große Feierstunde gewesen sein. Denn bei diesem ersten Punktspiel des neuen Jahres saß der frühere Coach der DDR-Nationalelf schon nicht mehr beim zyprischen Meister auf der Bank. „Mein Kotrainer Harald Irmscher und ich wurden vor dem Anstoß von den 14 000 Zuschauern mit stehenden Ovationen offiziell verabschiedet. Es gab keine Tränen. Aber ich habe diesen Moment als sehr emotional empfunden“, sagte Bernd Stange wenige Stunden nach seinem freiwilligen Abgang.
Unzufrieden war der 58-Jährige schon lange. Seine Mannschaft, die er im Januar 2005 übernommen hatte, konnte in der aktuellen Spielzeit nicht mehr mit den Spitzenklubs Apoel und Omonia Nikosia mithalten. Es fehlt an einer guten Organisation und vor auch am Geld: Der sensationelle Gewinn von Meisterschaft und Supercup im Sommer 2006 konnten die Missstände bei Apollon aus Sicht des Trainers Bernd Stange kaum noch übertünchen.
Trotz seiner Unzufriedenheit wollte Stange nach der Rückkehr aus dem Weihnachtsurlaub in Jena im Frühjahr 2007 eigentlich mit seiner Mannschaft noch einmal angreifen. Über den dritten Platz hätte Apollon unter Umständen doch noch die Qualifikation für den Uefa-Cup erreichen können. Doch am Freitag platze Bernd Stange eigenen Worten zufolge der Kragen: „Mir wurde mitgeteilt, dass sich der Verein aus ökonomischen Gründen von meinem Kotrainer Harald Irmscher und meinem Torwarttrainer trennen müsse“, erzählt der Jenaer. „Damit hat das Präsidium ohne Absprache mit mir in den sportlichen Bereich eingegriffen. Das geht nicht. Das ist eine Frage der Ehre.“
Da Apollon trotz der Proteste Stanges die Kündigungen seiner Assistenztrainer und einiger Spieler nicht zurücknehmen wollte, ging der Cheftrainer freiwillig mit. „Wir haben uns darauf geeinigt, sofort die Zusammenarbeit zu beenden. Das Gespräch mit der Klubführung hat nur 20 Minuten gedauert“, sagt Bernd Stange.
Kürzlich erst hatte Bernd Stange Ferydoon Zandi vom Zweitligisten TuS Koblenz zu einem Wechsel nach Limassol überredet. Der iranische Nationalspieler Zandi war laut Stange beim 2:1-Sieg gegen Tabellenführer Apoel Nikosia am Sonnabend der überragende Akteur auf dem Platz. „Er hat großartig gespielt, obwohl er wegen meines Weggangs unter Schock stand“, sagt Bernd Stange. „Ich musste ihm meine Entscheidung erklären. Aber ich konnte nicht anders handeln.“
Bernd Stange und Harald Irmscher werden nur noch wenige Tage in Zypern bleiben. Nach zwei Jahren auf der Mittelmeerinsel nimmt er nun Abschied von vielen Freunden. „Das wird mir schwer fallen“, glaubt Stange. Lange tatenlos zu Hause herum sitzen wollen Bernd Stange und sein Weggefährte Harald Irmscher nicht. „Wir möchten bald wieder gemeinsam auf dem Fußballplatz stehen“, sagt Bernd Stange, der auch schon Iraks Nationalteam trainiert hat. „Wo es jetzt hingehen wird, das kann ich aber noch nicht sagen.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: