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Landeshauptstadt: Einbahnstraße aus der Finanzmisere

FDP diskutierte Gewoba-Verkauf als bestes Mittel zur Schuldentilgung

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Auf dem politischen Montag-Abend der FDP hörte es sich an, als sei der Weihnachtsmann in Dresden kurz vorbeigekommen und habe die Elbestädter reich beschenkt. 1,7 Milliarden Euro für den Verkauf der kommunalen Wohnungsgesellschaft Woba eingenommen, alle Schulden dadurch getilgt und sogar noch Geld übrig für Rücklagen, Kultur, Soziales, Kitas und Schulen. Jan Mücke, Dresdner FDP-Vorsitzender und Bundestagsabgeordneter, sprach denn auch von der großen Chance, sich mit einem Schlag der lästigen Schulden zu entledigen, wieder Handlungsfreiheit für kommunale Aufgaben zu gewinnen, die durch den Zinsdienst bis zur Unbeweglichkeit eingeschränkt gewesen wäre, und kommende Generationen von drückenden Lasten zu befreien. Mücke hatte natürlich allen Grund, das „Dresdner Modell“ zu loben, denn der Vertrag mit dem Käufer, der amerikanischen Investorengruppe Fortress, wurde angeregt von der FDP und unterschrieben von einem FDP-Oberbürgermeister. Bei seinen Ausführungen führte Mücke das Wort „sozial“ gern im Munde, bezeichnete den Verkauf sogar als den eines „sozialen Gewissens“ wegen der Befreiung Dresdens von den Schulden. Er berief sich auf die zuvor mit Fortress ausgehandelte Sozialcharta und auf Beschäftigungsgarantien für die Mitarbeiter der Ex-Woba. Allerdings klagen Aussagen wie: Wem es beim neuen Vermieter nicht gefällt, der kann ja umziehen, denn es gebe in Dresden 40 000 leerstehende Wohnungen, wenig mieterfreundlich.

Der Potsdamer Finanzexperte Stefan Becker, ebenfalls FDP, sah sich gleichwohl veranlasst, entsprechendes Handeln von den Potsdamer Stadtvertretern zu fordern. Nur so komme man aus der Schuldenfalle. Die mit über 503 Millionen Euro hoch verschuldete Pro Potsdam/Gewoba GmbH müsse verkauft werden. Angekreidet wurde ihr besonders, dass sie zwar unsanierten, also billigen Wohnraum verkaufen will, dafür aber teuren zu bauen gedenkt. Das sei halbherzig und besonders unsozial.

Die allgemeine Bewunderung des „Dresdner Modells“ durch die Potsdamer Liberalen schloss jedoch Kritik nicht aus. Warum liegt der für Potsdam prognostizierte Preis von 40 000 bis 50 000 Euro pro Wohnung z.B. so viel höher als die in Dresden erzielten rund 36 500 Euro? Hat Dresden etwa – wie der Stadt vorgeworfen wird – ihren Bestand verschleudert? Welche rechtsgültigen, langfristigen Sicherungen wurden wirklich eingebaut, damit Fortress nicht über Sanierungen und Mietsteigerungen die Daumenschrauben anzieht? Die Antwort Mückes war für Anwesende nichts sagend. Er kenne die Denkweise der Amerikaner, erläuterte Rudolf W. Handrich, Wirtschaftsexperte und Fondsanalyst, seine „allergrößten Bedenken“. Anleger wollen Rendite sehen und erwarten etwa 10 Prozent. Die Dresdner Wohnungen garantierten im Moment aber nicht einmal ein Prozent. „Es wird Probleme geben“, prophezeite Handrich, „große Probleme.“

Die hat Potsdam übrigens schon einmal hinter sich mit dem Ver- und Rückkauf des Wasserbetriebes, dessen französischer Eigentümer die Preise enorm in die Höhe treiben wollte. Kein Wort über die allgemein begrüßte soziale Aktion des Rückkaufs durch die Stadt. Den Potsdamer FDP-Stadtverordneten Gerhard Arndt interessierten nur die dadurch entstandenen eventuellen neuen Schulden.

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