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Abgang. Am 20. Mai 2011 trat Peter Paffhausen als Chef der Stadtwerke und der Energie und Wasser Potsdam zurück.

©  A. Klaer

Potsdam: Eine Affäre und ihre Folgen

An diesem Sonntag jährt sich der Rücktritt von Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen – ein Schritt, der die Stadt verändert hat

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Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) fand klare Worte: „Das ist für Potsdam ein herber Verlust.“ Diesen Satz sagte Jakobs vor einem Jahr am 20. Mai 2011 vor Journalisten. Es ging um den Rücktritt von Peter Paffhausen, dem Chef der kommunalen Stadtwerke-Holding und ihrer lukrativen Tochterfirma Energie und Wasser Potsdam (EWP). Zuvor hatte Paffhausen bei fast allen Stadtverordneten – bis auf die der Linken – den Rückhalt verloren.

Wenige Tage zuvor war bekannt geworden, Paffhausen habe 2001 die Detektei eines ehemaligen Offiziers der Stasi beauftragt, eine andere städtische Firma auszuspähen. Nach dem Rücktritt hatte sich Jakobs, damals noch Aufsichtsratschef der EWP, immer deutlicher von Paffhausen distanziert. So hatte Jakobs ihm vorgeworfen, teils zinslose Darlehen und angebliche Bürgschaften an den Fußballverein SV Babelsberg 03 vergeben zu haben – am EWP-Aufsichtsrat vorbei. In diesem Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue. Das intransparente Geschäftsgebaren hatte auch Jakobs als Grund für die am 21. Juni 2011 erfolgte nachträgliche Kündigung Paffhausens angeführt. Zugleich war dem heute 62-Jährigen eine Abfindung über 1,4 Millionen gestrichen worden – wogegen Paffhausen am Landgericht Potsdam geklagt und nach einem richterlichen Hinweis wohl gute Chancen auf Erfolg hat.

„Ein schmerzlicher Lernprozess“ sei dies alles, sagte Jakobs damals, nachdem Paffhausen entlassen war. In der Folge trat auch Jakobs von seinen Chefposten in den Aufsichtsräten der kommunalen Unternehmen zurück. Zuvor hatte er eine Transparenzkommission eingesetzt, die für die städtischen Firmen neue Regeln erarbeiten sollte. Jakobs Sprecher Stefan Schulz sagt heute, würden alle Vorschläge der Kommission umgesetzt, werde Potsdam in Sachen Transparenz „weiter sein als viele andere Kommunen“. Stadtwerke- Sprecher Ralf Zeretzke sagt, manche dieser Ideen habe das Unternehmen schon „vorerfüllt“ – etwa beim Sponsoring.

Neue Transparenzregeln

Im August sollen die Stadtverordneten beginnen, die Ideen der Transparenzkommission in Beschlüsse zu verwandeln. Den Zeitplan dafür habe er den Stadtverordneten bereits vorgelegt, sagt der erst seit Februar amtierende Chef des Beteiligungsmanagements der Stadt, Michael Dahlmann. Noch bis Ende des Jahres will er alle Empfehlungen der Transparenzkommission umgesetzt sehen. So sollen die städtischen Firmen eine Richtlinie zur sogenannten Compliance erhalten, in der Fachsprache der Begriff für die Einhaltung von Gesetzen in Unternehmen. Zunächst aber sollen neue Richtlinien zum Sponsoring verabschiedet werden.

Verbindliche Sponsoring-Regeln

Während der Stadtwerke-Affäre war heftig über das bis dahin kaum transparente Sponsoring der großen kommunalen Unternehmen in Potsdam debattiert worden. Inzwischen haben die Stadtwerke und die Bauholding Pro Potsdam bereits detailliert und im Internet abrufbar aufgelistet, welche Sponsoring-Summen an welche Vereine gehen. Im von der Stadt erarbeiteten Entwurf zur neuen Sponsoring-Richtlinie heißt es, künftig soll in einem zentralen Sponsoring-Bericht jede Zuwendung über 5000 Euro aufgelistet werden. Zugleich werden zehn Kriterien gesetzt, wie gesponsert werden muss: So sollen die Unternehmen für jede Förderung eine klare Zielstellung formulieren, etwa wie der Zuschuss zur Kundengewinnung beitragen kann. Persönliche Präferenzen bei der Auswahl der Geförderten sollen vermieden werden. Zudem dürfen nur 0,5 Prozent der jährlichen Umsatzerlöse für Sponsoring eingesetzt werden. „Sponsoringleistungen erfolgen befristet“, lautet ein weiterer Satz der Richtlinie. Im Klartext müssten Vereine, die wie der Fußballdrittligist SV Babelsberg 03 über Jahre sechsstellige Fördersummen von der EWP erhielten, temporär auch ohne Geld von dort auskommen.

Den Entwurf für die Sponsoring-Richtlinie kennt Lutz Henrich bereits. Der Präsident des Stadtsportbunds sagt, das Papier sei „sinnvoll“. Zur nicht näher definierten Befristung von Sponsoringleistungen sagt Henrich, die Vereine müssten nun jedes Jahr zeigen, dass sie unterstützungswürdig seien. Insgesamt sei die finanzielle Förderung für den Sport, auch von Seiten der Privatwirtschaft, in Folge der Stadtwerke- Affäre zurückgegangen. Schlagzeilen über Potsdams Filz hätten Sponsoren abgeschreckt – bei Vereinen wie dem SC Potsdam habe es deswegen „Existenzangst“ gegeben, erinnert sich Henrich. Die Stadtverordneten retteten erst Babelsberg 03 und dann die Handballer des VfL Potsdam mit finanziellen Rettungsschirmen über insgesamt 900 000 Euro.

EWP-Aufsichtsrat nur teilweise verändert

Die personellen Kontinuität im Aufsichtsrat der EWP sind bemerkenswert. Denn drei Mitglieder des Kontrollgremiums stehen auch jetzt noch in der Kritik wegen angeblicher Befangenheit ihrer Entscheidungen: Die Linken Hans-Jürgen Scharfenberg und Rolf Kutzmutz, weil sie Funktionsträger in von der EWP gesponserten Vereinen sind, sowie Peter Lehmann (CDU), weil dessen Sohn bei den Stadtwerken als Abteilungsleiter arbeitet. Sie hatten Paffhausen noch zwei Tage vor dessen Rücktritt das Vertrauen ausgesprochen und eine einstweilige Abberufung abgelehnt. Lehmann hält auch heute noch daran fest, die Anschuldigungen gegen ihn seien „Sippenhaft“. Er habe es nicht nötig, seinen Sohn zu protegieren. „Ich habe mir nichts vorzuwerfen.“

Auch Scharfenberg „verwahrt“ sich gegen die Vorwürfe gegen seine Person und Kutzmutz, räumt aber einzelne Fehler ein. So sei das Sponsoring von Vereinen nur ein „Sandkörnchen“ der Arbeit in den Aufsichtsräten, die sie mit „großem Verantwortungsbewusstsein“ geleistet hätten. Im Rückblick hätte es in Sachen Transparenz aber „mehr Nachdruck“ seitens des Aufsichtsrats bedurft. Zur abgelehnten Beurlaubung von Paffhausen sagt Scharfenberg, mit der Erfahrung von damals „hätte man auch eine andere Entscheidung treffen können.“

Inzwischen hat der EWP-Aufsichtsrat zwölf statt damals neun Mitglieder. Und es gibt eine von den Stadtverordneten auf Anregung der SPD beschlossene Empfehlung für Aufsichtsräte: Vertreter dieses Gremiums sollten „keine Interessenkonflikte aufgrund einer Geschäftsbeziehung, Beratung oder Organfunktion bei Kunden, Lieferanten, Kreditgebern, sonstigen Geschäftspartnern oder Empfängern von Sponsoringleistungen“ haben.

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