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Landeshauptstadt: Eine Aussicht – wie sie einst Fontane hatte

Neuer Turm in Rauener Bergen gibt Blick bis Berlin frei / Baukosten beliefen sich auf 430 000 Euro

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Rauen - Ein aus den Überresten eines Findlings gehauener steinerner Tisch steht in fast 150 Meter Höhe in den Rauener Bergen südwestlich von Fürstenwalde. Von hier aus will einst der Dichter Theodor Fontane die Türme des 50 Kilometer entfernten Berlin ausgemacht haben. Der Rastplatz heißt „Schöne Aussicht“, doch inzwischen versperren Bäume den Blick. Den können Touristen bald wieder genießen: Wenige hundert Meter entfernt hat Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) einen Aussichtsturm eingeweiht, der die Bäume überragt.

„Die Plattform des Turms befindet sich 36,60 Meter über dem Boden“, sagt Heinz Vormelcher, während er schnellen Schrittes die 200 Metallgitterstufen empor steigt. Oben bietet sich tatsächlich eine weite Aussicht über das Brandenburger Land. Die Wälder ringsherum färben sich bereits herbstlich bunt. Der Vorsitzende des Rauener Turm-Vereins weist auf den Scharmützelsee, die in der Sonne glänzende Halle von Tropical Islands, die Müggelberge und in der Ferne den Berliner Fernsehturm.

Fast zehn Jahre lang hat der gebürtige Rauener dafür gekämpft, dass in den Rauener Bergen – mit bis zu 153 Meter eine der höchsten Erhebungen Brandenburgs – wieder ein Aussichtsturm entsteht. „Als Kinder haben wir oft den alten Holzturm bestiegen“, sagt der 72-Jährige. Der sei aber 2002 abgerissen worden. Die Fundamente sind heute noch unweit des Steinernen Tisches auszumachen. So fand sich Vormelcher mit Mitstreitern im 2006 gegründeten Rauener Turm-Verein zusammen, ließ sich Angebote kommen, wählte einen geeigneten Standort aus. Doch der musste wieder aufgegeben werden, weil unterirdische Hohlräume gefunden wurden. „In den Rauener Bergen wurde seit 1842 bis ins 20. Jahrhundert Kohle im Bergbau abgebaut“, sagt Vormelcher.

Unterstützt durch das Amt Spreenhagen wurden Förderanträge für EU-Mittel gestellt. Brüssel übernahm 75 Prozent der Baukosten. „Es war sehr viel Bürokratie“, erinnert sich Vormelcher. Doch es hat sich gelohnt: Im Mai wurde in der Nähe des bestehenden Telekom-Turms – den Autofahrer auf der Autobahn 12 schon von weitem sehen – der Bau des 430 000 Euro teuren, stählernen Aussichtsturms begonnen. „Das Projekt hat viel Kraft gekostet“, sagt Vormelcher und fügt an: „Aber in die Rauener Berge gehört nun mal ein Turm.“ Der Fürstenwalder Siegfried Rolle, ebenfalls Mitglied im Turm-Verein, hat die komplette Bauphase auf unzähligen Fotos dokumentiert und diese auf 3 CDs gebrannt. „Es gab so viel zu tun. Umso glücklicher waren wir, als das Fundament fertig war und später die Aussichtsplattform aufgesetzt wurde“, sagt er. Auch Vormelcher ist erleichtert, obwohl noch einige Restarbeiten im Umfeld des Turms anstehen. Die unweit des Kurorts Bad Saarow gelegenen Rauener Berge hätten jetzt – neben den Markgrafensteinen – eine neue Touristenattraktion. Die beiden Findlinge liegen nur 200 Meter vom Turm entfernt. Der kleine Markgrafenstein gilt mit einem Umfang von 21,60 Metern und einer Höhe von 7 Metern heute nach Angaben von Geologen als größter auf dem Land liegender Findling Deutschlands.

Der große Stein ist nur noch 5,60 Meter hoch, was daran liegt, dass er in den Jahren 1827/28 im Auftrag von König Friedrich Wilhelm III. in drei Stücke gespalten wurde. Während aus einem kleinen Teil der Steinerne Tisch entstand, wurde das Mittelteil zu einer Schale von fast sieben Metern Durchmesser verarbeitet, die bis heute im Lustgarten vor dem Alten Museum in Berlin steht und im Volksmund auch als „Suppenschüssel“ bezeichnet wird. Aber bis nach Berlin können die Touristen künftig von den Rauener Bergen ja wieder schauen.

Jörg Schreiber

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