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Aus der Kiste bedient? Ein Potsdamer Briefträger soll Sendungen nicht zugestellt, sondern selbst behalten haben.

© dpa

Landeshauptstadt: Eine Garage voller Beute

Polizei ermittelt gegen Briefträger, der mehr als tausend Postsendungen unterschlagen und nach Wertsachen durchsucht haben soll

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Potsdam/ Stahnsdorf - Ein betrügerischer Briefträger beschäftigt Polizei und Justiz: Der Potsdamer soll über Monate hinweg mehr als tausend Postsendungen unterschlagen und zum Teil nach Wertsachen durchsucht haben. Seine Beute soll der damalige Mitarbeiter des Briefverteilzentrums der Deutschen Post in Stahnsdorf in seiner Garage in Fahrland versteckt haben. Darüber berichtete der Kripochef für Westbrandenburg, Andreas Dingelstadt, am Mittwoch während der Vorstellung der neuen Kriminalstatistik für die Region. Allein dieser Fall habe die Statistikwerte bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten für Westbrandenburg signifikant steigen lassen – im Vergleich zum Vorjahr gingen die Zahlen um knapp zehn Prozent auf 12 300 Fälle nach oben.

Der Fall des Briefträgers hat die Polizei wochenlang beschäftigt, bestätigte Potsdams Kripochef Karl Schlegel. Auslöser sei der Hinweis eines Nachbarn des bereits polizeibekannten Tatverdächtigen im Spätherbst des vergangenen Jahres gewesen. Der Zeuge habe die Polizei auf die vielen gelben Postkisten in der Garage des etwa 45 Jahre alten Mannes aufmerksam gemacht. Bei einer Hausdurchsuchung seien Laptops, Handys und weitere elektronische Geräte gefunden worden. Zur Schadenshöhe machte er keine genauen Angaben. Weiterhin habe die Polizei auch einen knapp 40 Jahre alten Komplizen ermittelt, der bereits einen Teil des Diebesguts verkauft hatte, sagte Schlegel. Die sichergestellte Beute sei bereits – soweit möglich – an die geschädigten Personen und Firmen zurückgegeben worden. „Das war echte Puzzlearbeit“, so Schlegel.

Seine Touren hatte der Mann beim Briefverteilzentrum in Stahnsdorf begonnen, in dem nach Unternehmensangaben rund 1,5 Millionen Postsendungen pro Tag von 700 Angestellten bearbeitet werden. Deutsche-Post-Sprecher Rolf Schulz sagte auf PNN-Anfrage, der ohnehin nur befristet eingestellte Mann sei nun nicht mehr als Zusteller tätig, gegen ihn seien zivilrechtliche Schritte eingeleitet worden. Zugleich betonte Schulz, dass es sich bei den unterschlagenen Sendungen vor allem um Informations- und Werbepost gehandelt habe. Kripochef Schlegel hatte bestätigt, dass die Verdächtigen auch mit Altpapierhandel in Verbindung gebracht werden. Schulz wiederum sagte, insgesamt seien nach seiner Kenntnis nur sieben Pakete geöffnet worden – die Betroffenen bekämen ihre Verluste ersetzt. „Es handelt sich nicht um kolossale Verluste.“

Dagegen sagten Ermittler bei der inzwischen zuständigen Staatsanwaltschaft Potsdam den PNN, nach der Hausdurchsuchung bei dem Verdächtigen würden knapp ein Dutzend Postkisten mit Inhalt überprüft – es handele sich um deutlich mehr als nur sieben Pakete, die geöffnet worden seien. Nach ersten Erkenntnissen sei bei dem Verdächtigen eine gewisse Systematik zu erkennen – jedoch sei das Verfahren, unter anderem wegen der Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses, längst nicht abgeschlossen. Geprüft würde auch, ob es weitere Tatbeteiligte gebe. Schlegel sagte, der Verdächtige befinde sich auf freiem Fuß.

In einem anderen Zusammenhang hatte die Polizei bereits vor einigen Monaten bei einer Bürgerversammlung vor Zeitungsausträgern gewarnt, die Haustüren öffnen und aus Häusern Geldbörsen stehlen würden – speziell auch in Fahrland.

Vor dem spektakulären Briefträger-Fall rückte am Mittwoch die Kriminalstatistik für Potsdam in den Hintergrund. Dabei bestätigte Polizeichef Maik Toppel – ohne genaue Zahlen zu nennen – vermehrte Einbrüche in Einfamilienhäuser im Potsdamer Norden. Durch viele neue Häuser seien dort für Täter neue Anreize entstanden. Insgesamt sei die Zahl der Einbrüche in Wohnungen um knapp acht Prozent auf 212 Fälle gestiegen. Die Aufklärungsquote lag bei 13 Prozent. Signifikant ist, dass es seit 2010 kontinuierlich jedes Jahr mehr Fälle gefährlicher Körperverletzung gibt: Damals waren es noch 229, jetzt sind es 258. Die Aufklärungsquote sank in diesen Fällen von 85 auf 75 Prozent. Kripo-Leiter Dingelstadt sagte, insgesamt sei aber die Gefahr gesunken, in Potsdam auf offener Straße zusammengeschlagen zu werden. Insgesamt stieg 2012 die Aufklärungsquote auf 52,1 Prozent – nach 47,3 Prozent im Jahr zuvor (siehe Kasten).

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