
© Jan Kuppert
Sport: „Eine gute Position geschaffen“
Turbine Potsdams Trainer Bernd Schröder freut sich über den Herbstmeister-Titel seiner Elf
Stand:
Herr Schröder, wie wichtig ist Ihnen der Herbstmeistertitel, den sich Turbine Potsdam am Wochenende in der Frauenfußball-Bundesliga gesichert hat?
Ehrlich gesagt ist ein solcher Etappensieg nicht ganz unwichtig. Zumal wenn man bedenkt, dass wir von Beginn der Saison an nicht als Favorit gehandelt wurden. Von zwölf Trainern hatten elf Frankfurt oben auf der Liste. Da haben wir uns also eine gute Position geschaffen.
Trotz der 2:3-Heimniederlage kürzlich gegen Duisburg führt Turbine mit vier Punkten Vorsprung vor dem FCR. Wie viel ist dieser Vorsprung wert?
Duisburg ist einer der ärgsten Konkurrenten, gerade, wenn es auch um die internationalen Aufgaben geht. Da ist ein solcher Vorsprung sehr wichtig. Auf dem kann man aufbauen, darf sich aber nicht auf ihm ausruhen. Das ist ein sehr schmaler Grat.
Wie sehen Sie Potsdams gesamte erste Halbserie in der Liga?
Wir haben da sehr gute Spiele abgeliefert, wie etwa in Frankfurt oder gegen Hamburg zu Hause. Oder denken wir an die beiden 7:0-Siege gegen Jena und Leipzig. Das war es, was wir uns erhofft haben. Aber inzwischen können auch Vereine wie Freiburg oder Bad Neuenahr ein Wörtchen mitreden. Wir freuen uns, sind aber nicht euphorisch.
Ärgerlich war dagegen Turbines Aus im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Frankfurt.
Ja, aber das hatte ja auch seine Ursachen. Personell bedingt haben wir gegen Frankfurt in einer anderen Besetzung gespielt. Die Mädels waren personell einfach nicht in der Lage, das starke Frankfurter Team zu bezwingen. Dessen gute Leistung muss man anerkennen. Wir haben aber den Pokal nicht bewusst in den Sand gesetzt. Fakt ist, dass wir uns über die Niederlage schon geärgert haben.
Die bisher gezeigte Dominanz hatten viele Turbine nach dem doch kräftigen personellen Umbruch im Sommer nicht wirklich zugetraut. Wie sicher waren Sie sich damals Ihrer Sache?
Das ist immer auch eine Frage, wie die Gegner reagieren. Wir wussten, dass wir eine gute Mannschaft sind und haben so gespielt, wie wir es uns vorgenommen hatten. Ziel war es, nach Abschluss der Hinrunde vielleicht mit zwei Punkten zurückzuliegen. Nun sieht das alles anders aus – Potenzial ist also da.
Turbine hat in der Liga mit 37 Treffern die meisten Tore geschossen und mit fünf Toren die wenigsten Gegentreffer kassiert. Das spricht für eine gleichermaßen gute Offensiv- und Defensiv-Arbeit.
Durchaus. Und man muss bedenken, dass die beiden Gegentore in zwei Spielen gegen Essen und Duisburg gefallen sind. Da gab es einige Probleme. Aber letztlich haben wir einen großen Abstand zu anderen Teams und verfügen über eine kompakte Mannschaft in Angriff und Abwehr.
Ein Wort bitte zu Ihrer neuen Torjägerin Genoveva Anonma, die nach ihrem Wechsel von Jena in Potsdam regelrecht aufgeblüht ist und die die Torjägerliste mit 15 Treffern anführt – vor der Ex-Potsdamerin Conny Pohlers, die für Wolfsburg zehnmal traf, und Turbines Stürmerin Yuki Nagasato, die mit ihren drei Toren am Sonntag bei Lok Leipzig ihre Saisonausbeute auf acht Treffer erhöhte.
Wenn man Conny Pohlers, die bei uns ausgebildet wurde, mitzählt, stehen drei Turbinen an der Spitze. Inzwischen erinnert unser Sturm mit Mittag, Nagasato und Anonma an die Zeiten, in denen Conny bei uns gespielt hat. Angriff ist die beste Verteidigung. Wir wollen eben offensiven Fußball spielen – das ist auch für die Fans interessanter. Mit Kerschowski, Kulis und Andonova haben wir zudem sehr gute Stürmerinnen in der Hinterhand. Ich bin stolz auf unseren Angriff, der hat sich schnell zusammengefunden. Aber letztlich, und das darf man nie vergessen, ist Fußball eine Mannschaftssportart.
Trotz des guten Angriffs haben Sie für die Rückrunde und für die kommende Saison die isländische Nationalstürmerin Margret Lara Vidarsdottir verpflichtet.
Wir haben das auch mit Blick auf die Championsleague gemacht. Sie ist eine Weltklassestürmerin und wurde in ihrer Heimat erst jetzt zur Fußballerin des Jahres gewählt. Wir stehen schon seit Jahren mit ihr in Kontakt und nach ihrem Vertragsende in Schweden sagte sie, dass sie zu uns kommen will. Und so was kann man nicht ausschlagen.
Am kommenden Sonntag steht Turbines letztes Punktspiel dieses Jahres beim Hamburger SV an. Wie geht es anschließend weiter?
Vorerst hat wie gesagt das Spiel gegen den HSV die oberste Priorität, danach stehen ein paar freie Tage an. Am 5. Januar ist dann Trainingsbeginn, vom 6. bis 8. Januar führen wir vor allem auch im Hinblick auf den Hallencup unser traditionelles Trainingslager in Zinnowitz durch. Testspiele sind noch nicht geplant, wir wollen aber wie immer auch gegen Männermannschaften antreten.
Was hat dann Priorität für Sie? Deutscher Meistertitel oder Champions-League- Sieg?
Fakt ist, dass wir international spielen wollen, und das könnten wir mit beidem. Wir planen mit beiden Titeln, wollen aber mindestens einen erkämpfen.
Zuvor stehen aber die Feiertage an. Wie wird Bernd Schröder Weihnachten und Silvester verleben?
Kaum mit großer Ruhe, ich kann mich nicht richtig ausruhen. Es gibt immer viel zu planen. Vielleicht kommt ja noch eine Verstärkung – allerdings nicht im Sturm.
Das Gespräch führte Henner Mallwitz.
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