Landeshauptstadt: Eine schwimmende Pyramide
Stadtverwaltung veröffentlicht Details zu Seefestspielen / 2011 soll das Projekt „testweise“ stattfinden
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Hermannswerder – Eine etwa 16 Meter hohe Pyramide steht auf der schwimmenden Bühne, hinter einer kreisrunden Öffnung auf halber Höhe befindet sich die Hauptspielfläche, im Vordergrund ist eine künstliche Felsenlandschaft aufgebaut, links die Orchestermuschel: Diese Details für die geplanten Seefestspiele auf Hermannswerder sind im Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan zur „Seebühne Hermannswerder“ nachzulesen, den die Stadtverwaltung jetzt im Internet veröffentlicht hat. Auch Einzelheiten zum Verkehrskonzept, zum Lärmschutz, zur Landschaftsplanung und zur Infrastruktur für das Seeoper-Projekt enthält die Beschlussvorlage mit dem zwanzigseitigen Anhang. Sie steht auf der Tagesordnung für die Sitzung der Stadtverordneten am 2. März. Dass das Stadtparlament dann bereits über die Aufstellung eines Bebauungsplans für das von der Deutschen Entertainment AG (DEAG) geplante Festival entscheidet, ist allerdings nicht zu erwarten. Wahrscheinlicher ist, dass die Vorlage zunächst in den Fachausschüssen diskutiert wird.
Die Opernaufführung in diesem Jahr ist davon aber ohnehin nicht betroffen: Die zwölf Vorstellungen des Mozart-Klassikers „Die Zauberflöte“ für je rund 4700 Zuschauer im August sollen „zunächst testweise“ auf Grundlage des Paragraphen 35 des Baugesetzbuches stattfinden, heißt es in der Beschlussvorlage. Dazu müsse lediglich sichergestellt sein, dass das Vorhaben „öffentlichen Belangen“ nicht entgegensteht. Die Erfahrungen aus dem Testlauf könnten in die bauleitplanerischen Festlegungen mit einfließen, argumentiert die Verwaltung.
Von den Planungen betroffen ist den Angaben zufolge ein Gebiet von 1,4 Hektar Fläche – inklusive Wasserfläche – auf dem Gelände der Hoffbauer-Stiftung. Das Areal liegt teilweise im Landschaftsschutzgebiet „Potsdamer Wald- und Havelseengebiet“, im Flora-Fauna-Habitatgebiet und in der Wasserschutzzone. Mit den „Schwimmblattgesellschaften“ auf dem Wasser – gemeint sind Seerosen – sind auch Biotope berührt. Alternative Standorte für das Opern-Projekt an der Schiffbauergasse und am Luftschiffhafen hätten sich nach der Prüfung durch die DEAG als nicht geeignet erwiesen.
Das Projekt stößt wie berichtet auch auf heftigen Widerstand: So kündigten etwa die Naturschutzverbände BUND und Nabu im Falle der Genehmigung durch die Stadt eine Klage an. Auch Schüler des evangelischen Gymnasiums der Hoffbauer-Stiftung auf Hermannswerder haben Unterschriften gegen die Seeoper gesammelt – in der Lehrer- und Elternschaft gibt es andererseits aber auch viele Unterstützer der Festspiele, an denen neben den Musikern der Kammerakademie Potsdam auch Schüler des evangelischen Gymnasiums beteiligt werden sollen. Zudem hatte sich eine Bürgerinitiative von Anwohnern gegen das Opern-Projekt gegründet: In einem Brief an den Oberbürgermeister kritisierten die Anwohner unter anderem die befürchtete Lärmbelästigung sowie Beeinträchtigungen der Natur und warnten außerdem vor einem Verkehrschaos.
Das befürchtete Chaos wollen die Veranstalter mit ihrem Verkehrskonzept indes verhindern: Eine „geordnete An- und Abreise“ sei für das positive Image der Veranstaltung wichtig, betonen die Veranstalter. Für die Umsetzung sollen neben Polizei und Ordnungsamt auch spezielle Verkehrsordner sorgen.
Die Halbinsel soll demnach an den Festspiel-Tagen jeweils ab vier Stunden vor der Aufführung und bis drei Stunden danach für den Autoverkehr von Gästen komplett gesperrt werden – mittels Schildern, aber auch Straßenposten. Anwohner und Anlieger – dazu gehören etwa Gäste des Inselhotels und Lieferanten – sollen mit „Passierscheinen“ ausgestattet werden. Öffentliche Busse, Taxis und Menschen mit Behinderungen sollen weiter fahren dürfen.
Die Festspielgäste – maximal 4731 Zuschauer haben Platz, auch 32 Rollstuhlplätze sind vorgesehen – sollen mit acht Shuttle-Bussen vom Hauptbahnhof nach Hermannswerder gebracht werden: Der Pendelverkehr soll bereits drei Stunden vor Vorstellungsbeginn starten. Auch die Möglichkeit des Übersetzens mit der Fähre vom Kiewitt in Potsdam-West soll „beworben“ werden. Die Veranstalter gehen von einem Bedarf von lediglich 700 Auto-Stellplätzen aus. Mit Eintrittskarten, die auch als VBB-Ticket gelten, sollen die Gäste zur Anreise mit dem öffentlichen Nahverkehr bewegt werden.
Das in Auftrag gegebene Lärmgutachten eines Ingenieurbüros kommt zu dem Schluss, dass das Opern-Vorhaben auf Hermannswerder „keine unzumutbare Belästigung“ darstellt. Dennoch werden die Richtwerte laut Freizeitlärm-Richtlinie des Landes Brandenburg in der Nacht, also ab 22 Uhr, überschritten. Daher sei eine Genehmigung als „Seltenes Störereignis“ notwendig.
Auch aus Naturschutz-Gesichtspunkten seien „eine Reihe von naturschutzrechtlichen Genehmigungen“ erforderlich. Um die Zerstörung des Uferbereichs auszuschließen, planen die Veranstalter eine Absperrung des Ufers. Sowohl die Seebühne als auch die Zuschauertribüne sollen nach Saisonende komplett wieder entfernt werden. Jana Haase
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