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Landeshauptstadt: „Eine solche Idee muss wachsen“

Schulleiterin warnt vor Aktionismus bei Schuluniform / Positive Erfahrungen an Max-Dortu-Schule

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Innenstadt - Der Vorstoß von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) für einheitliche Schulkleidung stößt auf ein geteiltes Echo in Potsdam. Der „massive Vorstoß ist unklug“, sagte beispielsweise Gudrun Wurzler, Schulleiterin der einzigen staatlichen Schule Brandenburgs mit einheitlicher Schulkleidung, gestern gegenüber den PNN. Zwar lobte sie die dahinter steckende Idee der Integrationsförderung und der Behebung der sichtbaren sozialen Unterschiede. Wurzler warnte jedoch zugleich vor Aktionismus und verordnetem Zwang.

Zypries hatte am Wochenende den Vorschlag zur Einführung einheitlicher Schulkleidung in die Debatte gebracht, um soziale Unterschiede der Schüler weniger sichtbar werden zu lassen. Auch umstrittene religiöse Kleidung wie die islamische Burka könne so aus den Schulen fern gehalten werden. Auch die Potsdamer Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche (CDU) sprach sich gestern für Schuluniformen aus. Solche würden den „sozialen Druck rausnehmen, den Markenfetischismus dämpfen und ein Zusammengehörigkeitsgefühl an der Schule hervor rufen“, sagte Reiche.

In Brandenburg werde jedoch auch künftig keine einheitliche Schulkleidung verordnet. Laut Thomas Hainz, Sprecher des Bildungsministeriums, sei keine zentrale Vorgabe zur Anschaffung von Schuluniformen geplant. Aus Sicht des Ministeriums wäre das ein zu starker Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Die einzelnen Schulen könnten aber für sich entscheiden, ob sie eine Schuluniform einführen.

An der Grundschule Max Dortu in Potsdam entschied sich im Vorjahr die Schulkonferenz für die Einführung einheitlicher Schulkleidung. Verbindlich gilt dies bislang für Schüler der ersten Klasse, fakultativ für alle anderen. In sechs Jahren werden dann alle Schüler Schulkleidung in den Farben gelb, rot oder blau eines Hamburger Bekleidungsherstellers tragen, sagte Schulleiterin Gudrun Wurzler.

Sie bezeichnete diesen langsamen und mit Mehrheit beschrittenen Weg als „den richtigen“. Sie könne sich auch für andere Grundschulen ein Zwei-Phasen-Modell bei der Einführung von legeren Schuluniformen vorstellen. In Phase I sollten alle Grundschulen die möchten Schulkleidung finanziert bekommen, in sechs Jahren dann in Phase II die weiterführenden Schulen. Die Schüler würden sie dadurch von der ersten Klasse an die Kleidung gewöhnen. „Eine solche Idee muss wachsen“, sagte Wurzler. Sie bezeichnete das gestartete Projekt an ihrer Schule als Prozess, der „zum Selbstläufer wird“. Viele Schulen aus Deutschland hätten sich in den letzten Wochen nach dem Verlauf des Projektes erkundigt, das bereits erste Früchte trage. Zwar „werden wir nicht von heute auf morgen nur Musterschüler haben“, erklärte Wurzler. Doch sei bereits eine stärkere Identifikation mit der Schule in den vergangenen Wochen spürbar geworden. Die Einführung von Schulkleidung an weiterführenden Schulen hält sie derzeit für schwierig und kaum durchsetzbar, da bei älteren Schülern das Markenbewusstsein schon ausgeprägter sei als bei Grundschülern.

Das Potsdamer Projekt wird von den Universitäten Gießen und Potsdam wissenschaftlich begleitet, eine zweite Evaluierungsrunde des auf sechs Jahre angelegten Forschungsprojektes soll im Juni stattfinden. Jan Brunzlow

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