Links und rechts der Langen Brücke: Eine späte Diskussion
Peer Straube über eine neue und zugleich letzte Chance, sachlich über den Wert des baulichen Erbes der DDR in Potsdam zu entscheiden
Stand:
Da, schau her. Erst das „Minsk“, jetzt noch die Schwimmhalle auf dem Brauhausberg und das Hotel „Mercure“. Die letzte Veranstaltung des Stadtforums hat die Debatte über eine Architektur losgetreten, der im barockfokussierten Potsdam der Nachwendezeit fast ausnahmslos Ablehnung entgegenschlug. Vorsichtig beginnt man nun, das bauliche Erbe der DDR in einem anderen, sachlicheren Lichte zu betrachten. Sicher wird das schwer werden, noch überwiegen zwischen Gegnern und Befürwortern die Anti-Reflexe zur Haltung des jeweils anderen. Doch die Diskussion lohnt, denn sie kommt nicht zu spät. Dem, was bislang der Abrissbirne zum Opfer fiel, muss niemand eine Träne nachweinen, denn es wurden praktisch ausnahmslos Bausünden aus dem Stadtbild getilgt. Klobige Zweckbauten, einzig zu dem Zwecke errichtet, der filigranen Baukunst preußischer Genies wie Persius, Unger oder Knobelsdorff etwas Sozialistisch-Protziges entgegenzusetzen. Das alte Fernmeldeamt der Post in der Straße Am Kanal ist so ein Beispiel. Gleiches gilt für das Gebäude des DDR-Meliorationskombinates in der Friedrich-Ebert-Straße, das gerade geschleift wird. Oder das Haus des Reisens, an denkbar unsinnigster Stelle an der Ecke Friedrich- Ebert- und Yorckstraße als Schlusspunkt an zwei sonst intakte Barockstraßen geklotzt. Ist wirklich nicht schade drum. Bei einer Reihe anderer Bauwerke fällt die Bewertung schon schwerer. Das Hotel „Mercure“, auch die Fachhochschule haben für sich betrachtet durchaus eine gewisse Ästhetik, die Fachhochschule steht gar exemplarisch für die Stahlskelettbauweise der DDR. Beide Gebäude haben den Nachteil, dass sie ins künftige Stadtbild schlicht und einfach nicht mehr passen werden. Sie standen für den Beginn eines Weges, den die SED-Oberen nicht mehr vollenden konnten – den vollständigen Umbau der Potsdamer Mitte zu dem, was man sich unter einem sozialistischen Stadtzentrum vorstellte. Wirklich ernsthaft debattieren kann und muss man über „Minsk“ und Schwimmhalle. Noch ist der Bebauungsplan für den Brauhausberg nicht fertig, noch ist kein Auftrag zum Bau eines neues Bades neben der Biosphäre ergangen. Noch ist also Zeit zu prüfen, ob man wenigstens diese beiden Zeugnisse der DDR-Architektur erhalten will – wenn ja, sollte das dann aber auch keine Frage des Geldes sein.
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