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Mann gegen Mann. Der Nachwuchs hat Spaß an der „sanften Kunst“.

© Reichelt

Sport: Eine Sportart kämpft sich nach oben

Brandenburgs Ju-Jutsu-Verband feiert Jubiläum und richtet erstmals die deutschen Meisterschaften aus

Stand:

Mit strammen Schritten und durchgedrücktem Rücken betritt Mirko Ponikau die Matte. Der Sensei ist da. Augenblicklich herrscht Ruhe im gut gepolsterten Übungsraum in Potsdam-Babelsberg. Beim Ju-Jutsu ist Disziplin gefragt. Das haben die Nachwuchskampfsportler Paul, Amir, Dennis und Leon schnell gelernt. Barfuß tippeln sie an die Linie und folgen ihrem kurzhaarigen Lehrer mit einem konzentrierten und fest entschlossenen Blick. Kniend ruft der 31-Jährige ein lautes „Mokuzo“ durch den Raum. Dem folgt ein „Mokuzo Jamei“ aus den Mündern der Kämpfer. Das Training ist eröffnet.

Seit 20 Jahren wird in Brandenburg Ju-Jutsu gekämpft. Die „sanfte Kunst“, so die Übersetzung, vereint Techniken des Judo, Karate und Aikido. Ende der 60er Jahre wurde Ju-Jutsu im Auftrag des Innenministeriums entwickelt. Polizisten der BRD sollten es zur Selbstverteidigung lernen. Nach dem Fall der Mauer galt das auch für Ordnungshüter in den neuen Bundesländern. So fand der Sport seinen Weg über die Beamten in die Vereine. Der Brandenburgische Ju-Jutsu Verband zählt heute rund 750 Mitglieder, Tendenz steigend, und erstmals darf der Verband in diesem Jahr die Deutschen Meisterschaften austragen. Vom 24. bis 26. Juni findet sie in Großbeeren statt.

„Wer von euch hat keinen Mundschutz?“, fragt Mirko Ponikau in die Runde der zwölf kleinen Kämpfer in Babelsberg. Schnell lassen Paul, Amir, Dennis und Leon die Plastikteile zur Kontrolle aufblitzen. „Der Mundschutz gehört ebenso zur Grundausstattung“, erklärt der elfjährige Amir, ebenso Handschuhe, Fußschutz und der traditionelle Keikogi, der Trainingsanzug. Schon seit fünf Jahren ist der drahtige Potsdamer mit den dunklen Haaren dabei – um fit zu bleiben und zur Selbstverteidigung. „Man muss sich wehren können“, sagt Amir knapp. Wenn er auf dem Schulhof geärgert wird, rennt er nicht zum Lehrer, das sei doch „absurd“. Er wehrt sich, sagt Amir und auch die anderen Jungs nicken heftig. „Wenn mich einer schlägt, dann schlag ich zurück“, sagt Paul. So richtig vorgekommen sei das aber eigentlich noch nie, gibt er etwas kleinlaut zu.

Seit 1999 bietet der SV Motor Babelsberg Ju-Jutsu an. Mit fünf Kämpfern startete die Gruppe, heute lassen sich hier mehrmals die Woche rund 90 Sportler in der Kampfkunst ausbilden. Die Regeln sind streng. Nichts geht über die Gesundheit der Kämpfer und auch der Angreifer, sagt Ponikau. „Ich kann niemandem die Rübe runter hauen, nur weil er mich geschubst hat.“ Mann gegen Mann oder Mädchen gegen Junge treten die Kämpfer im Training gegeneinander an und versuchen Angriffe abzuwehren. „Das Grundprinzip ist, die Energie des Gegners zu nutzen, um sich zu verteidigen“, erklärt Ponikau. Das Ziel ist, wie bei der Polizei, den Gegner am Boden festzunageln.

Rund 250 Ju-Jutsu-Kämpfer aus ganz Deutschland werden zu den Meisterschaften im Juni in Großbeeren erwartet. Gekämpft wird in der Sporthalle der Otfried-Preußler-Schule in der Teltower Straße 1. Zuschauer können jeweils ab 9 Uhr mit den Athleten mitfiebern, wenn sie im K.o.-System, dem sogenannten Fighting, gegeneinander antreten oder als Paar im Duo-Wettkampf spezielle Techniken vortragen.

Paul, Amir, Dennis und Leon werden auf der Matte nicht dabei sein. Sie sind noch zu jung. Von der Meisterschaft haben sie aber gehört. „Das wird cool“, sagt Dennis schwer atmend. Er will unbedingt zusehen. Erstmal muss er sich heute aber von seinen zahlreichen Übungen erholen. „Mokuzo“, ruft Trainer Ponikau durch den Raum und die kleinen Kämpfer antworten erschöpft „Mokuzo Jamei“.

www.randori-potsdam.de

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