Links und rechts der Langen Brücke: Eine Stadt außer Atem
Sabine Schicketanz über das Potsdamer Tempo, das kaum mehr zu bremsen scheint – auch wenn dies manchmal gut täte
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Überdreht. Das ist Potsdam schon seit Monaten. Spätestens seit der Affäre um die Stadtwerke und um Immobiliengeschäfte in der Landeshauptstadt ticken die Uhren in Potsdam schneller. Etwas bricht sich seit dem Bahn, und dabei gibt es kaum ein Halten: Jede Woche neue Themen, neue tatsächlich oder vermeintlich skandalöse Vorkommnisse, neue Entwicklungen bei altbekannten „Dauerbrennern“ in der Stadtpolitik wie Schwimmbad oder Tierheim.
Wer den schnelleren Takt bestimmt? Bürger, die immer mehr werden und sich einmischen, Stadtpolitiker, die es sich kaum leisten können, zu einem Thema keine Position zu beziehen, und die (neuen) Medien. Das Rathaus unter Führung von Jann Jakobs gefällt diese Stadt außer Atem ganz und gar nicht. Schon seit längerem versucht die Stadtspitze, Potsdam wieder ruhig zu stellen – zumindest soweit, als dass Politik tatsächlich zu Ende gebracht werden kann. Mit diesem Ansinnen, für das Jakobs auch beim Neujahrsempfang warb – und dafür sogar „Die Entdeckung der Langsamkeit“ bemühte – liegt das Rathaus in vielerlei Hinsicht richtig. Kommunalpolitik ist sowieso unübersichtlich, für den Normal-Bürger schwer durchschaubar. Da hilft es nicht, wenn ständig alles Wichtige durcheinander geht. Es ist also richtig, wenn Jakobs appelliert, dass Geschwindigkeit kein Wert an sich sei, Geduld und Weitsicht eher weiterbringen.
Gleichzeitig darf das Rathaus, dürfen alle Beteiligten nicht unterschätzen, dass vieles in dieser Stadt nicht mehr zu verlangsamen ist. Auch nicht durch stoisches Regieren. An dieser Einsicht scheint es manchmal zu mangeln, auch in der Stadtpolitik. Denn wenn alles sich zwar schnell dreht, aber überdurchschnittlich lange braucht, bis es zu seinem Ergebnis kommt – siehe Potsdams Schwimmbad-Historie – strapaziert das die Geduld selbst der wohlwollendsten Bürger. Zumal die ständigen Verzögerungen oft politisch motiviert scheinen. Daran muss sich etwas ändern. Und zwar schnell.
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