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Landeshauptstadt: „Eine Synagoge ist keine Sauna“

Gesetzestreue kritisieren Nutzungskonzept und beantragen Förderung eines eigenen Gemeindezentrums

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Potsdams neue Synagoge ist noch nicht gebaut, da gibt es schon Kritik am künftigen Betreiberkonzept. Dieses sieht vor, Grundstück und Gebäude der in Gründung befindlichen gemeinnützigen Stiftung zu übereignen; diese soll dann Gotteshaus und Gemeindezentrum den jüdischen Gemeinden im Land Brandenburg zur Verfügung stellen. In Brandenburg gibt es derzeit sieben Gemeinden, die im Landesverband Jüdische Gemeinden Brandenburg zusammengefasst sind und die Gesetzestreue Jüdische Landesgemeinde Brandenburg. Shimon Nebrat, Vorstandssprecher der Gesetzestreuen, nennt das in der Satzung des Bauvereins verbriefte Nutzungskonzept „einmalig auf der Welt“ – allerdings im negativen Sinne. Normalerweise sei eine Synagoge im Eigentum einer Gemeinde und nicht einer „vom Staat kontrollierten“ Stiftung. Nebrat fürchtet an hohen jüdischen Feiertagen Terminkollisionen. „Eine Synagoge ist keine Sauna, in der an einem Tag die Männer, am nächsten die Frauen saunieren“, sagte er. In dieser Frage hat sich Nebrat jetzt in einem Offenen Brief an den Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Berlin, Yitshak Ehrenberg, gewandt, der im Beirat des Potsdamer Synagogen-Bauverein vor allem in religiösen Fragen berät. Eine Antwort haben die Gesetzestreuen bis heute nicht. Den PNN ließ der Rabbiner auf Anfrage ausrichten, dass er sich dazu auf keinen Fall öffentlich äußern werde.

Auch ihm seien die Kritikpunkte der Gesetzestreuen Landesgemeinde bekannt, sagte Horst Mentrup, Vorsitzender des Bauvereins. Er habe Herrn Nebrat mehrere Gesprächsangebote gemacht. „Ich wollte mit ihm gemeinsam nach einer konzeptionellen Lösung suchen“, so Mentrup. Allerdings hätten sich die Gesetzestreuen nicht zu einem Dialog bereit erklärt. „Das Thema ist nun für mich durch“, so der Vereinsvorsitzende.

Im Bemühen um ein eigenes Gemeindezentrum hat die Gesetzestreue Jüdische Landesgemeinde in der vergangenen Woche auch bei Finanzminister Rainer Speer eine entsprechende Förderung beantragt. In ihrem Schreiben berufen sich die Gesetzestreuen auf eine aktuelle Zusage des Landes, der Konkurrenzgemeinde für Synagogenbau und Gemeindehaus nicht nur ein Grundstück kostenlos zu überlassen, sondern auch den gerade ausgeschriebenen Architekturwettbewerb mit 150000 Euro Landesmitteln zu bezuschussen. Den Brief habe er gerade erst erhalten, sagte der Sprecher des Finanzministeriums Ingo Decker den PNN. Zurzeit wolle man zu den Äußerung nicht Stellung nehmen. Decker verwies darauf, dass die Finanzierung von Religionsgemeinschaften grundsätzlich in die Zuständigkeit des Kulturministeriums falle.

Vom Kulturministerium hatte die Gesetzestreue Gemeinde über Jahre immer nur Projektförderungen erhalten, während der Landesverband zumindest mit einer finanziellen Grundausstattung bedacht worden war. Eine Ungleichbehandlung, die in letzter Instanz sogar das Oberverwaltungsgericht Brandenburg in einem Urteil 2005 gerügt hatte. Im selben Jahr hatte das Land mit dem Landesverband der jüdischen Gemeinden einen Staatsvertrag abgeschlossen, der die Fortsetzung der bisherigen Förderpraxis festscheibt. Die Gesetzestreuen haben inzwischen Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Dessen Urteil steht aber noch aus. Nicola Klusemann

Nicola Klusemann

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