Landeshauptstadt: Eine unendliche Geschichte
Wieder einmal verschiebt sich die Entscheidung, wer in Potsdam ein Tierheim bauen darf. Die Stadtverwaltung hofft nun, dass sich die zwei konkurrierenden Bewerber auf ein gemeinsames Konzept verständigen. Sogar Ex-Stadtwerke-Chef Paffhausen mischt mit
Stand:
Bei der seit Jahren ungeklärten Tierheim-Frage in Potsdam gibt es neue Verzögerungen und Fragen. Die Zweifel an einer schnellen Lösung wachsen. Die Stadtspitze fürchtet nach PNN-Informationen mittlerweile, dass sich das leidige Dauerthema sogar noch bis in den Kommunalwahlkampf 2014 zieht und dort der Opposition im Stadtparlament nützen könnte.
Eigentlich wollte die Verwaltung bereits in diesem Monat im Hauptausschuss den Stadtverordneten eine Lösung präsentieren. Doch derzeit geht die Stadtverwaltung davon aus, dass frühestens im Oktober eine Entscheidung fallen könnte, welcher Tierschutzverein auf dem Sago-Gelände an der Michendorfer Chaussee eine sogenannte Tierbetreuungseinrichtung errichten darf. Derzeit fänden unter Leitung des Rechtsamts noch Gespräche mit den beiden Bewerbern statt, hieß es aus Verhandlungskreisen gegenüber den PNN. Das Grundstück wollen der Potsdamer Tierschutzverein (TSV) und der Verein „Tierfreunde Berlin-Brandenburg e.V.“ aus Nuthetal erwerben. Bei den aktuellen Verhandlungen gehe es nun aber für die Stadt auch um die grundsätzliche Frage, ob sich die beiden Vereine auf ein gemeinsames Angebot verständigen könnten, hieß es weiter.
Schon seit 2008 gibt es in Potsdam kein Tierheim mehr. Mehrere Anläufe, ein neues zu bauen, sind seither gescheitert. Daher hatte die Stadt zuletzt das Sago-Gelände ausgeschrieben, auf dem sich ab 2015 eine gewerbliche Einrichtung zu Betreuung von Tieren ansiedeln soll. Mit diesem Objekt könne sich der Betreiber um die Betreuung von Fund- und Verwahrtieren bewerben, so der Plan der Stadt. Derzeit wird diese Pflichtaufgabe der Kommunen noch bis Ende 2014 vom Pfötchenhotel in Beelitz übernommen.
Für das Sago-Gelände hatte der TSV rund 120 000 Euro geboten, die Tierfreunde aus Nuthetal aber rund 50 000 Euro mehr. Dieser Verein betreibt bereits das Tierheim „Verlorenwasser“ bei Belzig – und gerät zunehmend unter Druck. Hintergrund ist ein Medienbericht vom Wochenende, wonach in dem Tierheim keine Fundtiere aus den Kommunen des Landkreises Potsdam-Mittelmark mehr abgegeben werden, weil der Verein Pauschalen fordere, die über den üblichen Empfehlungen des Tierschutzbundes lägen. Vereinschefin Ingrid Aland wollte sich dazu am Montagabend gegenüber den PNN nicht weiter äußern – aus Zeitnot und Termingründen, wie sie versicherte. In den nächsten Tagen wolle sie dies aber nachholen.
Unter anderem habe die Stadt Brück bereits Ende 2008 den Vertrag mit „Verlorenwasser“ aus wirtschaftlichen Gründen gelöst, wie die dortige Ordnungsamtschefin Marion Jahn am Montag den PNN erklärte. Der Verein habe damals höhere Pauschalen gefordert, dies hätte die Kommune Tausende Euro mehr gekostet. Ähnliches berichtete Monika Bothe, die zuständige Fachbereichsleiterin der Gemeinde Wusterwitz. Auch hier sei die Zusammenarbeit vor einigen Jahren abgebrochen worden, weil die Tierfreunde höhere Pauschalen gefordert hätten. Auch die Stadt Niemegk beendete Ende 2008 die Arbeit mit Verlorenwasser, wie sich Amtsdirektor Thomas Hemmerling erinnert: „Nach der Ankündigung einer vom Tierheim gewünschten Preiserhöhung haben wir neue Angebote eingeholt und fristgerecht gekündigt.“ 2010 hatte Verlorenwasser selbst den Vertrag mit der Gemeinde Schwielowsee gekündigt, weil die Kosten nicht im Verhältnis zu den Einnahmen gestanden hätten, wie es damals hieß (PNN berichteten).
2008 hatten die Tierschützer Ingrid und ihr Bruder Wolfgang Aland das Tierheim „Verlorenwasser“ übernommen, nachdem der frühere Betreiber, der Tierschutzverein Belzig, in die Schuldenfalle geschlittert war. Die Rettung damals wurde auch durch eine Großspende des Potsdamer Ehepaars Fred und Goldrun Nitsche ermöglicht, deren Namen heute auf dem Eingangsschild des Tierheims stehen. Der Verein der Alands existiert seit 2002, das Geschwisterpaar stellt den Vorstand.
Derweil hat der Potsdamer Tierschutzverein einen bekannten Helfer für seine Ambitionen gewonnen: Der frühere Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen unterstützt die Bewerbung, sitzt nach PNN-Informationen teilweise auch direkt in den Verhandlungen. Paffhausen war 2011 über die sogenannte Stadwerke-Affäre gestürzt, unter anderem wegen undurchsichtigem Geschäftsgebaren. Zuletzt hatte Paffhausen bei der Gründung der Stadtwerke im sächsischen Grimma geholfen. Unterstützung hat der TSV auch deswegen nötig, weil das Verhältnis zum für den Tierschutz zuständigen Sozialbereich bei der Stadtverwaltung schon seit Jahren als stark belastet gilt.
Beim aktuellen Anlauf zum Bau eines Tierheims hat die Stadt von Anfang an hohe Hürden errichtet. So muss der Käufer des Sago-Geländes weitere Kosten einplanen, unter anderem geschätzte 300 000 Euro für eine nötige Anbindung an die Bundesstraße 2. Schon im Mai hieß es dazu aus dem Tierschutzverein, die von der Stadt aufgerufenen Konditionen für das früher von den DDR-Grenztruppen genutzte Gelände seien selbst für Gewerbetreibende riskant.
HINTERGRUND
Die Standortsuche für ein neues Tierheim beschäftigt die Landeshauptstadt schon mehr als zehn Jahre. Erste Probleme mit der Tierunterbringung zeichneten sich im Jahr 2000 ab: Das Gebäude des vom Tierschutzverein betriebenen Tierheims am Wildpark war marode. Die Suche nach einem Grundstück für einen Tierheim-Neubau blieb ohne Ergebnis. Ende 2007 ließ die Stadt das Tierheim am Wildpark schließen. Seit Januar 2008 wurden Potsdamer Fundtiere im privaten „Pfötchenhotel“ in Beelitz untergebracht, von 2009 bis 2010 in der Sirius-Hundepension in Kremmen, heute wieder im „Pfötchenhotel“. Die Stadt zahlt dafür aktuell rund 130 000 Euro pro Jahr. Seit 2008 scheiterten bereits drei Anläufe zur Ausschreibung für ein neues Tierheim. 2012 schrieb die Stadt erneut den Betrieb einer Tierbetreuungseinrichtung aus. Nach Protesten gegen Standorte in Fahrland und Eiche soll das neue Tierheim nun an der Michendorfer Chaussee entstehen. (PNN)
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