Sport: „Einfach großartig“
Revanche gelungen: Potsdams Judo-Damen erkämpften sich in einem spannungsgeladenen Finale gegen die PSG Brandenburg zum zweiten Mal den Meistertitel
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„Wer ist Alfred Hitchcock? Ein Niemand!“ Ein wenig ging es ja mit Wolf-Dieter Hermann am Samstagnachmittag durch. Recht hatte der moderierende Fernsehmann dennoch. Denn was sich ihm und dem begeisterten Publikum in der voll besetzten Sporthalle Heinrich- Mann-Allee bot, war Spannung pur. In einem Herzschlagfinale setzten sich die Judodamen des UJKC Potsdam gegen die PSG Brandenburg durch und sicherten sich damit nach 2005 zum zweiten Mal den Meistertitel.
Lange sah es im Landesderby allerdings überhaupt nicht gut für die Gastgeberinnen aus, die sich im vergangenen Jahr dem Team des Schwergewichts Sandra Köppen-Zuckschwerdt im Finale geschlagen geben mussten. Auch diesmal mussten Toni Becker (Gewichtsklasse bis 48 kg) gegen Maren Kräh, Franziska Konitz gegen Köppen-Zuckschwerdt und Potsdams polnische Gaststarterin Katarzyna Puzkosnik gegen Tatjana Moskina ihre Kämpfe abgeben.
Die Wende leitete ausgerechnet die erst 17-jährige Luise Malzahn aus Halle ein. Niemand hatte der 78-Kilo-Kämpferin zugetraut, dass sie sich gegen die elf Jahre ältere Olympia-Fünfte und WM- Dritte Catherine Jacques aus Belgien durchsetzen könnte. Doch mit unbeschreiblichem Siegeswillen erkämpfte sie den Sieg und brachte den Stein ins Rollen. Olympiasiegerin Yvonne Bönisch ((bis 63 kg) beherrschte anschließend ihre Gegnerin Antje Petsch ebenso wie Heide Wollert, die sich in der „70“ gegen Katharina Hilger behauptete. Beim Stand von 3:3 lag es nun an der Polin Inga Golaszewska (57 kg). Ein letztes Aufbäumen, dann war mit dem Sieg gegen Marlen Hein auch der Titelgewinn perfekt gemacht. Überglücklich fielen sich die Potsdamerinnen in die Arme, Freudentränen flossen.
Vor allem Luise Malzahn konnte ihr Glück anfangs noch gar nicht fassen. „Ich bin völlig unbeschwert in den Kampf gegangen, weil ich eigentlich sowieso keine Chance hatte“, erzählt sie. „Aber das war wohl mein großer Vorteil.“ Lob gab es auch von Yvonne Bönisch. „Für mich war Luise heute der absolute Matchwinner. Wie sie sich als U 20-Athletin in diesen Kampf gegen eine stärkere Gegnerin gekniet hat, war einfach großartig.“ Sie selbst, so verriet sie, sei äußerst nervös in ihre Kämpfe gegangen. Seit der WM in Brasilien konnte sie nicht mehr trainieren, und nach dem 0:3-Rückstand gegen Brandenburg habe sie schon fast die Felle wegschwimmen sehen.
Das ging Axel Kirchner kaum anders. Beunruhigt war der UJKC-Coach zwar auch, ließ sich jedoch nichts anmerken. „Mein Job ist es, cool zu bleiben“, erklärte der Erfolgs-Trainer. „Wenn dein Team deine Aufregung sieht, ist es zu spät. Ich habe auch diesmal volles Vertrauen in meine Sportlerinnen gehabt. Wir haben in Potsdam eine ganz tolle und gewachsene Truppe.“ An der der harte Saisonverlauf im übrigen seine Spuren hinterlassen hatte. WM, Weltcup, EM, Internationale Deutsche Meisterschaften und mehrere hochkarätige A-Turniere hätten merklich an den Kräften aller gezehrt. Um so großartiger sei dieser Erfolg einzuschätzen.
Sowohl die neuen Meisterinnen als auch die Damen aus Brandenburg hatten sich auf dem Weg ins Finale in ihren Pools durchgesetzt. Während die PSG den SC Berlin (5:2) und Wiesbaden (4:2) bezwang, verließen die Potsdamerinnen gegen den KSV Esslingen ((7:0) und den JC Leipzig mit einem knappen und äußerst spannenden 3:2-Sieg die Matte.
An deren Rand hatten mehrere namhafte Athleten Platz genommen. Neben Kugelstoß-Olympiasieger Olaf Beyer und Triathlon-Weltmeister Gregor Buchholz hatte auch Box-Weltmeister Arthur Abraham aus dem Sauerland-Stall zusammen mit seinem Coach Ulli Wegner den Weg nach Potsdam gefunden. „Ich war zum ersten Mal beim Judo, und das hier war eine ganz tolle Werbung für diesen Sport“, urteilte „King Arthur“, der auch die Pokale und Medaillen übergab. „Wie die Potsdamerinnen einen 0:3-Rückstand noch einmal aufholen konnten, hat mich total begeistert. Im nächsten Jahr würde ich gern wieder dabei sein.“
Dem wollte dann auch Andreas Klemund kaum noch etwas hinzufügen. „Hier kam jeder auf seine Kosten, das war ein würdiges Finale“, befand der UJKC-Präsident, der auch diesmal mit seinem Team wieder eine begeisternde Veranstaltung auf die Beine gestellt hatte. Die soll im nächsten Jahr wiederholt werden. Mit King Arthur, Spannung à la Hitchcock und vor allem dem erneuten Titelgewinn.
Henner Mallwitz
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