Sport: „Einfach niedergeschlagen“
Gebrochene Hand: Berglauf-EM für Anja Carlson in Gefahr
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Die riesige Enttäuschung kann sie nicht verbergen. Seit Jahresbeginn trainiert Anja Carlson auf ein klares Ziel hin: die Berglauf-Europameisterschaften, die am Sonntag in den französischen Pyrenäen ausgetragen werden. Die 28-Jährige wird sich heute zwar auf den Weg nach Frankfurt am Main machen, um von dort aus gemeinsam mit der deutschen Nationalmannschaft erst nach Toulouse und von dort aus nach Cauteres aufzubrechen. Ob sie allerdings bei der EM starten wird, entscheidet sie ebenfalls erst heute.
Nach einem Fahrradsturz auf dem Weg zur Uni hatte sich die Leichtathletin in der vergangenen Woche an der Hand verletzt. Ganz leicht nur, wie sie dachte. Gestern dann der Befund vom Arzt: gebrochener Handwurzelknochen, Gips. „Das wirft mich sehr zurück, ich bin einfach total niedergeschlagen“, gestand die Potsdamerin gestern ein. „Es ist eben ein Unterschied, ob man sich voll auf seine Leistungsstärke konzentrieren kann oder beim Laufen auch auf seine eingegipste Hand achten muss.“ Bei einem Lauf wollte sie gestern Abend schon einmal testen, ob und wie sich der Ballast auswirkt.
Die letztendliche Entscheidung fällt Anja Carlson in Cauteres, wo sie allerdings unter allen Umständen versuchen will, doch an den Start zu gehen. Die beiden Bundestrainer Wolfgang Münzel und Wilfried Raatz hatte sie bereits gleich nach dem Unfall informiert, doch für die Nachnominierung einer anderen Athletin war es da schon zu spät. „Die Strecke in den Pyrenäen soll es in sich haben, und das reizt mich vor allem an dieser EM“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin.
Auf hochalpinem Terrain müssen sich die Läufer acht Kilometer lang ihren Weg durch Gebirgsgeröll bahnen und haben dabei 1010 Höhenmeter zu bewältigen. Eine Strecke, auf die man sich durchaus auch im Flachland gut vorbereiten kann. Die steilen Treppen hinauf zur Orangerie sorgten bei der Deutschen Bergmeisterin ebenso für Kraft in den Beinen wie die „Eierberge“ vor dem Schloss Sanssouci. „Und nicht zuletzt habe ich mich ja auch in den Ravensbergen gut auf den Saisonhöhepunkt vorbereitet“, erzählt die für den SC Potsdam startende Athletin, die in diesem Jahr schon mehrfach auf sich aufmerksam machen konnte. Beim RBB-Lauf, der das Läuferfeld im April wieder sowohl durch Potsdam als auch Berlin führte, setzte sich Anja Carlson durch und lief dabei sogar zwei Minuten schneller als im Vorjahr. Beim anschließenden Halbmarathon in Wien kam sie immerhin auf den dritten Platz, um danach beim Rennsteiglauf die Halbmarathondistanz für sich zu entscheiden. Auch hier war sie deutlich schneller als im Vorjahr – beste Voraussetzungen für einen Start in den Pyrenäen.
Sollte die gebrochene Hand einen Einsatz am Sonntag nicht zulassen, wird die Reise zumindest mit der Arbeit verbunden. Denn schon in der nächsten Woche ist die Wissenschaftlerin in Paris gefragt. Vor Fachleuten hält sie in der französischen Hauptstadt ein Referat über richtige Ernährung im Hochleistungssport.
Henner Mallwitz
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