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FORTUNAS Fazit: Einfallsreich

Hin und wieder entpuppen sich Ideen auf den zweiten Blick als eher unpassend. Fühlt man sich ertappt, wird zurückgerudert und die Schuld bei anderen gesucht.

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Hin und wieder entpuppen sich Ideen auf den zweiten Blick als eher unpassend. Fühlt man sich ertappt, wird zurückgerudert und die Schuld bei anderen gesucht. Man sei missverstanden worden, heißt es dann oft. Das ist natürlich menschlich – souverän ist es nicht.

Ein gut gemeinte Idee ist in dieser Woche auch in Werder (Havel) am Realitätscheck gescheitert. Das 700. Stadtjubiläums will die Blütenstadt am Sonntag nächster Woche mit einem Festumzug feiern. 600 Teilnehmer sollen in szenischen Bildern die Geschichte Werders darstellen. Dass auch Darsteller als Wehrmachtssoldaten und Kampfpilotenschüler der Nazi-Luftwaffe kostümiert werden sollten, hatte in und außerhalb Werders Kritik hervorgerufen. Die Stadtoberen stellten sich erst stur und bliesen dann doch zum taktischen Rückzug: In dieser Woche entschied das Festkomitee, auf die Zeit zwischen 1933 und 1989 – also die zwei Diktaturen auf deutschem Boden – im Festumzug zu verzichten. Man wolle damit einer völlig unsachlichen Diskussion die Nahrung entziehen, teilte die Stadt mit. „Wir werden uns die 700-Jahr-Feier von niemandem kaputtmachen lassen“, ließ sich der 1. Beigeordnete Christian Große (CDU) zitieren. Einsicht ist das explizit nicht. Aber vielleicht erkennt man in Werder – wenn der Puls etwas gesunken ist –, dass es eben keine Spitzenidee war, an die Terrorherrschaft der Nazis zwischen Geflügelzüchterverein und Gauklertruppe zu erinnern.

Auch in Potsdam ist man auf Ideensuche. In einem mehrstufigen Verfahren soll herausgefunden werden, was aus der chronisch defizitären Tropenhalle der Biosphäre werden soll. So haben es die Stadtverordneten beschlossen. Dabei ist die Frage nicht gerade neu. Koikarpfen und Kaffeestrauch haben die Stadtkasse über Jahre einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet. Andere Nutzungen – wie eine Schule oder eine Eishockeyhalle – hatte die Verwaltung aus Kostengründen verworfen. Vor Bundestags- und Oberbürgermeisterwahl zeigt sich die Stadtpolitik entscheidungsscheu. Noch-Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kommentierte süffisant, er sei gespannt, welche Lösungsmöglichkeiten dann ab 2019 gefunden werden. Solange zahlt Potsdam weiter drauf. Mal sehen, ob sich die Ehrenrunde für die Biosphäre auf den zweiten Blick als gute Idee erweist – oder doch als unpassend.

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