SCHÖNBOHM meint: Einmal hin – alles drin!

Der folgende Werbespruch eines Supermarktes schien mir ziemlich plausibel: „Einmal hin – alles drin“. Tatsächlich gibt es dort Waren von gleichbleibender Qualität: auch meine italienische Lieblingssalami. Wie wäre es, wenn man das Wörtchen HIN anders auslegen würde? Dem Sinne nach bedeutet es ja auch Vergänglichkeit – es ist eben hin, weg, vorbei. Vielleicht ist ein harmloses, freundliches Gespräch mit meiner Tischnachbarin bei einem Sommerfest an meinen schwarzen Gedanken schuld. Sie erzählte mir von ihrer wunderbaren Lehre und der unvergessenen Kameradschaft während der dreijährigen Lehrzeit in einer LPG - Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft. Es sprudelte geradezu aus ihr heraus: Es war eine schöne und unbeschwerte Zeit. Es fehlte an nichts und sie fühlte sich frei von Sorgen um ihren Lebensunterhalt und ihr zukünftiges Leben: Alles war überschaubar, alles war vorhersehbar.

Sie heiratete und dem jungen Ehepaar wurde nach kurzer Zeit ein Einfamilienhaus in der Nähe ihrer Arbeitsstätte angeboten. Sie empfanden dies als Würdigung und Anerkennung ihrer Arbeitsleistung. Innerhalb nur eines Jahrzehnts gelang es ihnen, die Schulden für ihr neu erworbenes Eigentum abzubezahlen. Mit dem Fall der Mauer und der friedlichen Revolution wurde die LPG aufgelöst, die Arbeitsplätze waren HIN.

Und noch mehr war DRIN in dem HIN: Es folgten die Angst um einen neuen Arbeitsplatz und die intensive Suche nach anderen Möglichkeiten, den Familienunterhalt neu zu verdienen. Unbezahlte Überstunden waren unter anderem eine gänzlich neue Erfahrung. Aber es hat schließlich doch geklappt und sich zum Besseren gewendet. Heute möchte sie nicht mehr in die alte „sorgenfreie“ Zeit zurück. Sie erfreut sich des gemeinsamen Lebens mit ihrem Mann und konnte Orte besuchen, von denen sie früher nur träumen konnte. Das Leben ist anders, herausfordernder, aber es ist eben jetzt für sie auch alles DRIN.

So erweist sich in einem anderen realen Sinn für viele hier wohnende ehemalige DDR-Bürger tiefsinnig: „Einmal hin – alles drin.“

Unser Autor ist ehemaliger Innenminister des Landes Brandenburg, Senator in Berlin, General a.D. der Bundeswehr und Ehrenvorsitzender der CDU Brandenburg. Er lebt in Kleinmachnow.