Landeshauptstadt: Einmal pullern bitte
Doping im Sport? Die Antidoping-Agentur klärt Potsdamer Sportschüler auf
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Sportler müssen verzichten, in allen Phasen des Erwachsenwerdens. Wer ein Leistungssportler werden will, ist heutzutage strengen Regularien unterworfen. Der alte Spruch „Ein Sportler ist, wer raucht und trinkt und dennoch seine Leistung bringt“ gilt seit Carlo Thränhardt, dem hochspringenden Kettenraucher in den 1980er Jahren, nicht mehr. Zumindest öffentlich. Inzwischen sind bei Sportlern allerdings andere Wirkstoffe als Nikotin im Gespräch. Cannabis, Ephedrin, Testosteron und Epo heißen sie. Alle stehen sie auf der Dopingliste, alle gelten sie als Teufelszeug. Und wer sich mit dem Teufel einlässt, muss büßen. Das hat die nationale Antidoping-Agentur Nada gestern knapp 300 jungen Leistungssportlern in Potsdam zu erklären versucht.
Seit einem Jahr reisen Sonja Gröning und Dominic Müser von der Nada an die 47 deutschen Sport-Eliteschulen und versuchen über Doping aufzuklären. Keine Frage ist dabei tabu, kein Thema zu fein. Präsentiert werden den Schülern Bilder von möglichen Nebenwirkungen des Dopings, vor allem aus Zeiten, als anabole Steroide modern waren, und danach Männern Brüste gewachsen sind und Acne conglobata als hässlichste Form der Nebenwirkung auftraten. Nebenwirkungen, die zumindest die des Dopings überführten Profis Ben Johnson (Leichtathletik) und Stefan Schumacher (Radsport) nicht hatten. Die heutigen Mittel sind viel moderner als die Dopingmethoden vor 20 Jahren. Das System hat sich entwickelt, die Methoden der Fahnder haben sich ebenfalls verselbstständigt.
Für die im System erfassten Sportler heißt das immer häufiger Verzicht. Sie dürfen viele herkömmliche Medikamente nicht nehmen, müssen auf Mohnkuchen (Morphin) in großen Mengen verzichten, auf eine bestimmte asiatische Teesorte (Ephedrin) und auf das Rauchen. Denn selbst das Passivrauchen eines Joints kann noch bis zu sechs Wochen später einen positiven Dopingtest auslösen. Cannabis steht auf der Dopingliste, vor allem in Trendsportarten werden immer wieder Sportler überführt – und gesperrt. Dabei ist es laut Müser unerheblich, wie die Substanz in den Körper gelangt ist. Ist sie drin, gilt sie als verboten, und nur der Sportler selbst ist dafür verantwortlich. Aber das wussten die Potsdamer Sportschüler, es ist nicht der erste Vortrag dieser Art. Im vergangenen Jahr hat Frank Busemann über Doping erzählt, auch damals war die Halle – größtenteils freiwillig – voll. Die Nada versucht, auch an das Gewissen der Schüler zu appellieren. Es sei Betrug, lautet die Schlagzeile – an sich selbst, dem Verein und dem Umfeld gegenüber.
Das Misstrauen bei Sportlern sowie Medien und Gesellschaft ist groß, allein ein Verdacht stigmatisiert. Wie man mit den Gedanken umgeht, was der Kontrahent links und rechts der eigenen Bahn im Training gegessen hat, erklärte Kathrin Boron den Schülern: „Ich bin immer davon ausgegangen, dass der Nebenmann sauber ist“, sagte die vierfache Olympiasiegerin. Und er sei es so lange, „bis er überführt ist“. Die Dopingkontrollen selbst würden irgendwann zur Normalität, sagte Boron. Selbst wenn sie auf Arbeit gekommen sind, die Kontrolleure. Sie hofft für den Sport, dass „dieses Thema irgendwann mal nicht mehr an erster Stelle steht“ – „Ein frommer Wunsch“, lautete ihr Nachsatz. jab
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