zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Einst „Sterbebude“, dann heile Welt

Das Evangelische Krankenhaus für Geriatrie wird 60 – und ist ein Kompetenzzentrum für alte Menschen

Stand:

Das Evangelische Krankenhaus für Geriatrie wird 60 – und ist ein Kompetenzzentrum für alte Menschen Das Krankenhaus in der Weinbergstraße kennt viele Namen: „Damenhilfe“, „Krankenhaus für Chronisch Kranke“, „Genesendenheim“ und manchmal haben es die Patienten schlicht „Sterbebude“ genannt. Ein Name, der in der Nachkriegszeit entstand, als viele der älteren Patienten des heutigen Evangelischen Krankenhauses für Geriatrie tatsächlich starben und von den Schwestern eigenhändig im Garten der Friedenskirche beerdigt wurden, erinnert sich Irmgard Gaulke zehn Jahre später. Die Schwester hat ihre Erinnerungen an die Anfangszeit des Krankenhauses 1956 aufgeschrieben. Begonnen hatte alles im April 1945. Nach der Bombennacht hielten es die Schwesternschülerinnen im Heimathaus der damaligen Reichsfrauenhilfe nicht mehr hinter den Schulbänken aus. Sie wollten praktisch arbeiten, so Irmgard Gaulke. Die ersten Verletzten und Kranken, die die Schwestern bei sich aufnahmen, waren „die Altchen“ aus einem Altersheim in Frankfurt (Oder), die vor den Russen nach Potsdam geflohen und hier in einer Schule wohnten. Weil die beim Bombenangriff am 14. April getroffen wurde, mussten die Alten erst einmal „auf Stroh gebettet“ im Esszimmer der Frauenhilfe unterkommen. Wenige Tage später kamen die ersten kranken Potsdamer ins Haus und als die letzten Kriegskämpfe in der Stadt tobten, auch Schussverletzte. Der erste Arzt der Behelfsklinik war selbst Patient. Doktor Heitz hatte einen Schädelbruch und fiel oft in „stundenlange tiefe Ohnmachten“. Aus dem Behelfskrankenhaus wurde in der DDR das Evangelische Krankenhaus für chronisch Kranke. Ein Krankenhaus mit Familienanschluss, in dem die Angehörigen ihre Lieben immer begleiten konnten, auch in die Behandlungen – in der DDR eine Seltenheit. Eine „Insel im Staat“ sei das kirchliche Krankenhaus gewesen, „ein Stück heile Welt“, findet die leitende Schwester Erika Lehmann. „Wir hatten keinen ,Besten Mitarbeiter“, keine Versammlungen und mussten nicht marschieren.“ Diese Unabhängigkeit vom Staat habe aber auch bedeutet, dass die Klinik finanziell allein auf sich gestellt war. Unterstützung kam von der Kirche aus Westdeutschland. Charlotte Friedrichs war 1971 die erste Chefärztin, die sich ausschließlich um die 89 Betten in der Weinbergstraße kümmerte, Physiotherapeuten und Logopäden einstellte. Vorher hatten Ärzte aus den umliegenden Krankenhäusern die Patienten nebenher betreut. Auch heute würden die Häuser eng zusammen arbeiten, so Erika Lehmann. Die Patienten kämen nach Operationen in die einzige Geriatrie vor Ort, um zu genesen, wieder laufen oder sprechen zu lernen. Das können sie auch tagsüber in den 20 ambulanten Plätzen der Tagesklinik, die sich seit 2002 im ehemaligen Mitarbeiterwohnheim befindet. Rund 100 Angestellte arbeiten in der Frauenhilfe-Villa, die in den 90er Jahren modernisiert und durch einen Anbau vergrößert wurde. Sie habe sich zum Kompetenzzentrum für alte Menschen gemausert. Noch 2005 soll das um ein Seniorenheim erweitert werden. Zum Jubiläum findet heute um 13 Uhr in der Friedenskirche in Sanssouci ein Gottesdienst statt. just

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })