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Landeshauptstadt: Eis am Fließband

Vom Spagetti-Eis bis zum Espresso: In den Potsdamer Eisdielen war gestern endlich einmal wieder Hochbetrieb.

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Vom Spagetti-Eis bis zum Espresso: In den Potsdamer Eisdielen war gestern endlich einmal wieder Hochbetrieb. Von Marion Hartig Eine ungünstige Zeit, um in einer Eisdiele nach dem Geschäftsführer zu fragen: Gestern am frühen Nachmittag bei Sonne und endlich einmal wieder mehr als 20 Grad. „Keine Zeit“, sagt der Chef vom Eiscafé Venezia in der Brandenburger Straße. Vor seinem Laden stehen die Kunden Schlange. Die draußen aufgebauten Stühle sind fast alle belegt. Im Akkord tütet er mit dem Eislöffel Waffeln voll. Mit Mascarpone, Schokolade, Kokos, Vanille, Sahne, Erdbeer, Stracciatella und Joghurt-Kirsch. 30 Sorten hat er hinter der Glastheke. Alle gehen gleich gut weg – zumindest heute. Bisher nämlich war das Geschäft in diesem Jahr nicht besonders gut. Da geht es dem einzigen Potsdamer Mitglied bei „Uniteis“, der Union der italienischen Eishersteller in Deutschland, nicht besser als anderen Eisverkäufern von Hamburg bis München. Der Frühling ging zwar ganz gut los, berichtet die Verbands-Sprecherin Anna Lisa Carnio, aber im Mai und Juni hatten die Eiscafés im Schnitt Einbußen bis zu zehn Prozent. Aber noch hofft sie auf einen späten Sommer, der den Hunger auf das kulinarische Kühl wieder weckt. So wie gestern. Einige hundert Meter weiter auf der Brandenburger Straße stehen wie für eine Werbung inszeniert zwanzig junge Frauen und Männer mit Waffeln in der Hand und lecken genüsslich an den bunten Kugeln. Sie kommen aus aller Welt, sind vom Deutschen Akademischen Austauschdienst eingeladene Studenten, erzählen sie. Sie haben sich Sanssouci angesehen, jetzt spazieren sie durch die Stadt. Das orangene „Eisdieler“-Schild hat sie angelockt, hinter der Theke in dem kleinen Laden steht eine junge Verkäuferin. Bis jetzt läuft es heute gut, sagt sie wenig optimistisch. Aber wer weiß, schließlich könne es jeden Augenblick wieder anfangen zu regnen und stürmen. De Bastiani Andrea aus dem Piccola Venezia am Ende der Fußgängerzone hat Stress. Espresso, Softeis, Schokobecher fertig machen. Das Tablett der Kellner wird zum Fließband. „Schlechtes Wetter, schlechte Stimmung“, meint der Eismann. Die Kunden kaufen nicht nur weniger, sie seien auch schlechter drauf als im sonnigen 2003 und meckern viel. Auch in der Gelateria am Brandenburger Tor herrscht Hochbetrieb. Vier Frauen in Schwarz tüten im Laden Eiskugeln ein, garnieren Spagetti-Eis mit Erdbeersoße und frischen Früchten, stecken Waffeln in Schokoeis und gießen Likör darüber. Richtig schlecht sei der Umsatz in diesem Jahr gewesen, sagt die Besitzerin Sandra Zeisberg. Nicht nur das Wetter, glaubt sie, ist daran schuld. Selbst an schöneren Tagen werde weniger Eis gegessen. Großeltern kommen seltener vorbei, um ihre Enkel zu verwöhnen, deutlich weniger Kinderbecher seien verkauft worden. Erklären kann sie sich das nur mit Astrologie. „Ein Schaltjahr ist ein Kaltjahr“ zitiert sie eine Bekannte. Privat, beruflich – 2004 stünden die Sterne schlechter als gewöhnlich. „Vielleicht ist da etwas dran.“ Am häufigsten müssen die Kellnerinnen die klassischen Eissorten aus dem Eisbehälter schaben, Vanille, Schokolade, Erdbeer. Obwohl ihre Kunden kostenlos alle Sorten probieren können, bevorzugen sie Bekanntes. Mit Ausnahme des neuen Produktes, das die Gelateria seit diesem Jahr auf der Karte hat: „Joghurt-Light“, fett- und zuckerarm, in verschiedenen Eisbechern verarbeitet. Sehr gefragt, erzählt die Chefin. „Die Leute essen gesünder.“ Marco Porcu, Geschäftsführer vom Eiscafé Stresa in der Babelsberger Straße 16, hat davon noch nichts bemerkt. Bei ihm bestellen die Leute cremiges Eis mit Sahne. Vor zwei Monaten hat er das Eiscafé eröffnet. Bisher sei alles gut gelaufen. An diesem Mittwoch ist allerdings nicht so viel los, trotz Sonne. Der Geschäftsführer hat mehr Zeit als seine Kollegen in der Brandenburger Straße.

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