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Auf der richtigen Bahn? Die Planungen für das 18 Millionen Euro teure neue Schwimmbad im Bornstedter Feld neben der Biosphäre umgehen einen Beschluss des Potsdamer Stadtparlaments.

© Tagesspiegel/Kitty Kleist-Heinrich

Von Sabine Schicketanz: Eklat um neues Schwimmbad

Pläne verstoßen gegen Stadtparlamentsbeschluss für Planungswettbewerb / Architekten üben Kritik

Stand:

Bornstedter Feld - Eklat um Potsdams neues Schwimmbad: Die Planungen für den 18 Millionen Euro teuren Freizeitbad-Neubau im Bornstedter Feld verstoßen gegen einen Beschluss des Stadtparlaments. Die Stadtverordneten hatten Ende Januar mit deutlicher Mehrheit dafür votiert, für das neue Schwimmbad einen Planungswettbewerb auszuloben. Diese Festlegung wird jetzt von der Potsdamer Stadtspitze und den Stadtwerken als Bauherr und Betreiber umgangen. Statt eines offiziellen Planungswettbewerbs ist ein europaweites Vergabeverfahren gestartet worden. Ein Grund für die Auftragsvergabe an einen Generalplaner ist laut Stadtsprecher Stefan Schulz, dass damit Planung und Technik aus einer Hand geliefert würden.

Das Vorgehen bringt nicht nur Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Stadtwerke-Geschäftsführer Peter Paffhausen in Erklärungsnöte, sondern auch die Stadtverordneten. Sie haben den Planungswettbewerb auf Antrag der Bündnisgrünen zwar beschlossen, dann aber im Hauptausschuss Mitte März eine sogenannte Mitteilungsvorlage der Verwaltung zur Kenntnis genommen, aus der deutlich hervorgeht, dass es keinen Wettbewerb nach offiziellen Richtlinien geben wird. Pikantes Detail: Der Hauptausschuss, dessen Vorsitzender der Oberbürgermeister ist, wurde am 17. März darüber informiert, dass die Stadtwerke am 18. März den Planungsauftrag im Amtsblatt-Supplement der EU bekannt machen werden.

Für die Brandenburgische Architektenkammer ist das Agieren von Stadtwerken und Stadtverwaltung vor dem Hintergrund des eindeutigen Stadtparlaments-Beschlusses unverständlich. „Uns wurde mitgeteilt, dass es einen Planungswettbewerb geben wird. Dies haben wir begrüßt“, sagte gestern Architektenkammer-Präsident Bernhard Schuster auf PNN-Anfrage. Davon sei auch das Stadtparlament ausgegangen – der Begriff Planungswettbewerb sei schließlich eindeutig. Dann sei der Kammer bekannt geworden, dass dem Parlamentsbeschluss nicht gefolgt wird. Dies habe sie in einem Schreiben an Verwaltung und Stadtwerke moniert, so Schuster. Die Antwort der Stadt, dass ein Wettbewerb nach offiziellen, bundesweit einheitlichen Richtlinien aus Zeitgründen nicht mehr möglich sei, habe die Architektenkammer „nicht befriedigt“, sagte der Präsident. „Das haben wir beim geplanten Niemeyer-Freizeitbad vor fünf Jahren schon einmal gesagt bekommen.“ Auch damals habe die Stadt auf Zeitnöte verwiesen, sei nach „Augen zu und durch“-Devise verfahren. „Was dabei herausgekommen ist, wissen wir ja“, so Schuster. Die Niemeyer-Pläne scheiterten, die seitdem brach liegende Fläche am Brauhausberg soll jetzt zugunsten des Schwimmbad-Neubaus im Bornstedter Feld verkauft werden.

Um die aktuelle Lage zu erläutern, habe jüngst ein Gespräch mit Oberbürgermeister Jakobs stattgefunden, sagte der Architektenkammer-Präsident. Dabei sei ihm die 2008 in Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium aktualisierte und „verschlankte“ Richtlinie für Architekturwettbewerbe erläutert worden. Für Schuster gibt es keinen Grund, diese Richtlinie im Fall Schwimmbad-Neubau in Potsdam nicht anzuwenden. „Ein Wettbewerb hätte den Zeitplan, das neue Bad 2012 einzuweihen, nicht gefährdet“, sagte er. Die Kosten dafür wären sogar geringer als für das jetzt begonnene Vergabeverfahren nach der „Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen“. Danach wählt eine von Stadtverwaltung und Stadtwerken einberufene Jury in „beratender Funktion“ maximal fünf Planungsbüros aus, die „Realisierungskonzepte“ für das neue Bad vorlegen. Laut Schuster müssten dann auch alle fünf Planungen bezahlt werden. Bei einem Architektenwettbewerb steht als Preisgeld das Honorar für einen Bad-Entwurf: „Man zahlt einmal statt fünfmal.“ Mehr Aufwand bedeute ein Wettbewerb auch nicht: Für das Vergabeverfahren hätten die Stadtwerke den Planungsauftrag bereits genau definiert. So soll das Schwimmbad einen Sportbadbereich mit zehn 50-Meter-Bahnen und einer Tribüne für 400 Zuschauer sowie einen Familienbadbereich, Sauna und Wellnessräume und einen Fitnessclub beinhalten.

Vorteil eines Wettbewerbs sei außerdem, dass eine unabhängige Jury aus qualifizierten Sach- und Fachpreisrichtern eingesetzt werden muss, betonte Schuster. Dadurch gehe die Mitbestimmung des Bauherren nicht verloren: Es würden drei bis fünf Preisträger gekürt, der Auftraggeber könne sich aussuchen, wen er beauftrage. Entscheiden für die architektonische Qualität sei, dass die Jury aus viel mehr Entwürfen auswählen könne als beim jetzigen Vergabeverfahren.

Schuster sagte, im Fall Potsdam hätten „Stadtverwaltung und Stadtwerke offenbar Sorge gehabt, dass sie durch die unabhängige Jury ihre Mitbestimmung verlieren“. Jedoch tue sich die Landeshauptstadt generell schwer mit Architekturwettbewerben. In kleineren brandenburgischen Städten sei dies anders.

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