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Landeshauptstadt: Eklat um NPD

Stadtparlamentarier zeigen Unsicherheit bei Umgang mit rechtsextremen Stadtverordneten

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Für einen Eklat im Stadtparlament hat der NPD-Stadtverordnete Marcel Guse am Mittwochabend gesorgt. Zugleich hinterließ die Art und Weise des Umgangs mit Provokationen des rechtsextremen Nachwuchspolitikers ratlose Gesichter.

Guse nutzte die Haushaltsdebatte zur Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts. Zunächst grüßte der 29-Jährige die „deutschen Männer und Frauen“, agitierte gegen angeblich „volksfeindliche Politik“ in Deutschland und warb für „nationalen Sozialismus“. Bis auf Ausnahmen und die Gruppe Die Andere verließen fast alle Stadtverordnete den Plenarsaal des Stadthauses. Als sie den Saal nach Guses Auftritt wieder betraten, ergriff Julia Laabs (Die Andere) das Mikro: Sie sei sitzen geblieben, weil ihr „Kampf“ dem Faschismus gelte – und Guse sei ein „faschistisches Mitglied im Parlament.“ Guse empörte sich lautstark.

Nach dem Haushaltsbeschluss nutzte Guse ein Bemerkung der Linke-Stadtverordneten Brigitte Oldenburg. Sie hatte erklärt, sie sei „traurig“, in den Gesichtern der das Parlament dominierenden Kooperationsmehrheit aus SPD, CDU, FDP und Grünen nur den „befriedigten Ausdruck von Machtausübung“ zu sehen. Guse erklärte daraufhin, er könne sie verstehen: „Es kann auch nicht anders sein in einem Vielparteienstaat.“ Kurz darauf sagte Linke-Parlamentarier Jens Gruschka, er wünsche sich Ordnungsrufe des Stadtpräsidenten Peter Schüler (Grüne), wenn die Demokratie angegriffen würde: „Wir müssen uns Nazis entgegenstellen – es hilft nicht wegzugucken.“ Nun ergriff Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) das Wort – und rügte überraschend die Mütze, die Gruschka trug. „Wenn wir hier schon über Sitte und Anstand reden, bitte ich Sie die Mütze abzunehmen“, sagte Jakobs. Guse applaudierte. Stadtpräsident Schüler verlangte ein Ende der „unangemessenen Diskussion“. Doch Gruschka trat noch einmal ans Mikro und warf Jakobs einen „unangebrachten“ Kommentar vor – zudem gebe es keine Kleiderordnung im Stadtparlament. Selbst Parteifreunde nannten den Auftritt von Jakobs im Anschluss einen „Fauxpas“, der nicht passieren dürfe. Das Stadtoberhaupt ging später noch einmal persönlich zu Gruschka, laut dem 23-Jährigen habe Jakobs betont, dass sein Vorwurf zur Mütze nichts mit dem Inhalt von Gruschkas Kritik an Guse zu tun hätte.

Thomas Weidlich vom Mobilen Beratungsteam, das auch Kommunalparlamenten beim Umgang mit Rechtsextremisten helfen soll, riet gestern den Potsdamer Stadtverordneten angesichts dieser Vorfälle zu „mehr Souveränität“. Wenn Provokationen von rechtsextremen Politikern stattfinden, so Weidlich, sollten sich die Stadtpolitiker nicht „moralisierend und emotional, sondern betont sachlich“ damit auseinandersetzen. Wichtig sei eine vorherige Verständigung der demokratischen Parteien untereinander über mögliche Gegenstrategien, so Weidlich: „Man muss sich klar sein, dass Rechtsextreme das Parlament, das sie verachten, als Bühne nutzen wollen – darauf muss man sich vorbereiten.“ Guse sitzt seit vergangenem Juni im Stadtparlament und hat mehrfach versucht zu provozieren. Nach PNN-Informationen soll er Kontakte zu Neonazi-Kameradschaften besitzen. HK

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