Etwas HELLA: Endstation Hauptbahnhof
Kaum weht ein zartes Frühlingslüftchen, da will mein Fahrrad raus aus dem Keller und rauf auf die Straße. Wir beide sind ein gutes Gespann und überaus froh, dass wir uns haben.
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Kaum weht ein zartes Frühlingslüftchen, da will mein Fahrrad raus aus dem Keller und rauf auf die Straße. Wir beide sind ein gutes Gespann und überaus froh, dass wir uns haben. Zum Beispiel an Streiktagen des Bus- und Bahnpersonals, an denen die Auto-Parkplätze in der Stadt auch nicht spontan wachsen. Obwohl – um den aktuellen Streik gestern zwischen 3 und 9 Uhr zu beleuchten – ich als Journalistin eher erst nach 10 Uhr in Schwung komme. Und erst nach dieser Uhrzeit bin ich auch bereit, auf unseren oft gescholtenen Baubeigeordneten wahre Loblieder zu singen.
Nach meiner Meinung ist er nämlich der Erste in diesem Amt, der ein Herz für Fahrradfahrer hat und an eben dieses möchte ich ihm neben der Friedrich- Ebert-Straße den Hauptbahnhof legen. Die Friedrich-Ebert-Straße ist als Unfallschwerpunkt ja schon in der Bearbeitung ( arme Autofahrer, es wird noch weniger Parkplätze geben.) Der Hauptbahnhof aber ist offensichtlich eine noch unentdeckte fahrradtechnische Katastrophe.
Dass die S-Bahn-Benutzer ihrer Räder, wenn sie sie denn mitnehmen möchten, immer irgendwelche rollenden oder starren Treppen hinauf- und hinunterwuchten müssen, daran wird unser Bau-Chef wohl kaum etwas ändern können. Das ist Sache der Deutschen Bahn und wurde bereits beim Bau des Bahnhofs vermurkst. Dass man jedoch auf der Südseite mit dem Fahrrad eigentlich nicht an den Bahnhofseingang heranfahren kann, ist ein städtisches Radfahrer-Mobbing ohnegleichen – und ich möchte nicht wissen, wie viele Radler sich deswegen schon in psychologische Behandlung begeben mussten oder mit Burn-out nur noch im Keller auf dem Fahrrad sitzen. Es gibt für den Radler nämlich nur die Chance, sich entweder durch die Busse oder die Fußgänger hindurch zum Eingang zu schlängeln. Ganz mutige kurven auch schon mal über die Straßenbahnschienen, denn die sind oft freier als die anderen Nicht-Fahrradwege.
Und nun kommt auch noch erschwerend hinzu, dass die Bahnhofspassagen mit jeder Menge neuer Geschäfte bestückt werden. Sagen Sie mir jetzt bitte nicht, dass es auch noch zwei weitere Eingänge am Bahnhof gibt. Auf der Langen Brücke bilden die geparkten Fahrräder schon Barrikaden und nur wo „Fahrräder anschließen verboten“ steht, winkt eventuell noch ein freies Plätzchen. Der Nordeingang liegt am Berg, ist deshalb ungünstig fürs Einkaufen und wer Geld braucht muss ohnehin in den Süden, wo Sparkasse und Bank residieren.
Falls am Herzen des Baubeigeordneten noch Platz ist, möchte ich auch gleich noch die Ampelregelungen zwischen Bahnhof und Leipziger Dreieck dahin legen, auch wenn es nicht sein Ressort ist. Die Verkehrsführung ist ein Graus. Zwischen Langer Brücke und Ex-Brauerei muss allerdings vor Kurzem jemand vom Ordnungsamt geradelt sein. Ich bin da durchgekommen ohne abzusteigen. Ich hatte Grün und nochmals Grün und nur einmal Hellorange. Dass ich da noch losgefahren bin, bleibt aber unter uns, denn der neue Bußgeldkatalog hat mein Fahrrad so erschreckt, dass wir beide jetzt ganz brav und eine halbe Ewigkeit an allen Ampeln stehen bleiben, auch wenn uns sonst was abfriert.
Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.
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