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Von Matthias Matern: Engel mit Erfahrung in Betriebswirtschaft Ex-Topmanager und erfahrene Unternehmer helfen als sogenannte Business-Angels jungen Firmen auf die Sprünge

Bornstedter Feld - Wenn Gunter Reinhold ein ebenso guter Betriebswirt wie Erfinder wäre, bräuchte er wohl weder die Hilfe von Wolf Kempert noch von Birgit Wilkes. Weil der Ingenieur aus Bayern jedoch kaum Ahnung hat von Markterschließung, Unternehmensführung und Personalmanagement, ist er auf kompetente Unterstützung angewiesen.

Von Matthias Matern

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Bornstedter Feld - Wenn Gunter Reinhold ein ebenso guter Betriebswirt wie Erfinder wäre, bräuchte er wohl weder die Hilfe von Wolf Kempert noch von Birgit Wilkes. Weil der Ingenieur aus Bayern jedoch kaum Ahnung hat von Markterschließung, Unternehmensführung und Personalmanagement, ist er auf kompetente Unterstützung angewiesen. „Ich bin ein reiner Techniker“, gibt Reinhold unumwunden zu. Vor rund vier Jahren hat der 58-Jährige eine neuartige Hubtreppe entwickelt, die gehbehinderten Menschen den Zugang zu Gebäuden erleichtern soll, sich dabei aber trotzdem ästhetisch in die vorhandene Architektur einpasst. Nun soll die patentierte Erfindung über die eigens in Potsdam gegründete Firma Carestairs GmbH verkauft werden. Kempert, ehemaliger Topmanager beim niederländisch-britischen Konzern Unilever, und Wilkes, Unternehmerin und Professorin an der Technischen Hochschule Wildau, sind zwei von insgesamt 60 sogenannten Business-Angels in der Hauptstadtregion. Ihre Aufgabe ist es, jungen Firmen, wie der von Reinhold, auf die Sprünge zu helfen.

Den Auftrag bei Carestairs haben die beiden ehrenamtlichen Mentoren vor rund anderthalb Wochen übernommen, Geld bekommen sie für ihre Beratung nicht. Auf einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer Potsdam und der Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB) hatten sich Reinhold und Carestairs-Geschäftsführer Alex Klubertanz mit zwei weiteren Firmen aus Berlin und Brandenburg um die Gunst der Business-Angels beworben. „Es ist weniger die technische Lösung, die mich überzeugt hat, sondern das Gesamtkonzept“, begründet Professorin Wilkes ihre Entscheidung. Die Hubtreppe sei nicht nur jederzeit auch für Menschen ohne Bewegungseinschränkung begehbar und fluchtwegtauglich, sondern außerdem als Zugangshilfe nicht sofort zu erkennen, meint die Wissenschaftlerin, die sich seit fünf Jahren selbst beruflich mit dem Thema unterstütztes Wohnen beschäftigt. „Nutzer haben so weniger das Gefühl, auf eine Sonderhilfe angewiesen zu sein“, glaubt Wilkes. Gerade wegen der demografischen Entwicklung in Deutschland sieht auch Kempert Potenzial in der Potsdamer Hubtreppe. „Andere Lösungen sehen häufig zu technisch aus und wirken deshalb auf ältere Menschen abschreckend“, meint der 69-jährige Ex-Manager und Vorstand der Business-Angels in Berlin-Brandenburg.

Nach einer ersten Analyse der Mentoren haben Reinhold und Klubertanz allerdings noch viel Arbeit vor sich. Die größte Hürde sieht Kempert beim Marktzugang. „Aus Kostengründen werden häufig optisch bescheidenere, dafür günstigere Zugangshilfen von den Bauunternehmen bevorzugt“, berichtet Wolf Kempert, der nach wie vor eine eigene Beratungsfirma leitet. Außerdem sei es für eine kleine neue Firma wie Carestairs schwer, sich gegen am Markt etablierte Unternehmen einen Namen zu verschaffen.

Alles in allem haben Wilkes und Kempert bei Carestairs die üblichen Kinderkrankheiten diagnostiziert. „Gerade technische Teams stecken oft ganz tief im Fach, haben aber Probleme beim Marketing und beim Marktzugang“, berichtet Wilkes aus ihrer Erfahrung als Business-Angel. Es stelle sich dann die Frage, ob es nicht sinnvoll ist, jemanden mit ins Boot zu holen, der betriebswirtschaftliche Erfahrung habe. „Leidenschaft für das eigene Produkt ist zwar unbedingt wichtig, aber man muss auch an den Bedarf der Kunden denken“, stimmt Wolf Kempert zu. „Wer soll das kaufen?“

Zeitlich begrenzt ist die Unterstützung der Angels nicht. Auch, wie oft sich die Mentoren mit ihren anvertrauten Jungunternehmern treffen, wird individuell vereinbart. Bei Carestairs haben Kempert und Wilkes gerade einmal mit der Arbeit begonnen. Einen ersten Ratschlag jedoch haben Entwickler Gunter Reinhold und Geschäftsführer Alex Klubertanz bereits berücksichtigt – im vorauseilenden Gehorsam sozusagen. Seit Anfang des Jahres ist Bastian Schulz Assistent der Geschäftführung. Der 35-Jährige hat gerade sein Betriebswirtschaftsstudium an der Fachhochschule Brandenburg abgeschlossen. Schon verhandelt er mit ersten potenziellen Kunden. „Es gibt bereits konkrete Anfragen“, versichert Schulz.

Reinhold bezeichnet den jungen Betriebswirt als „Glücksgriff“. „Bastian Schulz hat das studiert, noch fehlt es ihm aber an Erfahrung. Die erhoffen wir uns von den Business-Angels“, sagt der Hubtreppen-Erfinder.

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